Salzburger-Festspiel-Archiv gewürdigt

Die audiovisuelle Sammlung der Salzburger Festspiele ist von der Unesco-Kommission in das nationale österreichische «Memory of the World»-Register aufgenommen worden.

Margarethe Lasinger (Leiterin Dramaturgie), Gabriele Fröschl, (Leiterin Österreichische Mediathek), Sabine Haag, Präsidentin der Österreichischen UNESCO-Kommission

Die Salzburger Festspiele verwahren ein über die Jahrzehnte gewachsenes Archiv von Mitschnitten und Aufnahmen aus über 80 Jahren Festspielgeschichte. Es dokumentiert Höhepunkte der europäischen Musik- und Theatergeschichte und ist seit 2020 in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Mediathek des Technischen Museums Wien gehoben, durch die Mediathek professionell digitalisiert und dauerhaft gesichert worden.

Das Programm «Memory of the World» ist von der Unesco vor 30 Jahren begründet worden. Es hat zum Ziel, die weltweiten Bemühungen um den Dokumentenerhalt und die Zugänglichmachung von Information zu fördern. Seit 2014 führt die Österreichische Unesco-Kommission das nationale österreichische Dokumentenerbe-Register, das Dokumente und Dokumentenbestände mit herausragender Bedeutung für die österreichische Geschichte listet.

Musiknotenmarkt unter Druck

Immer mehr besorgen sich Noten aus dem Netz. Die Folge: Einige Verlage dürften nach Einschätzung von Clemens Scheuch, dem Vizepräsidenten des Deutschen Musikverleger-Verbands (DMV), nächstes Jahr schliessen.

Musiknotenmarkt unter Druck
Foto: Furtseff / depositphoto.com

Scheuch geht laut einem Artikel der Neuen Musikzeitung beim Notenmarkt für klassische Musik von einem Umsatzminus von 30 bis 60 Prozent seit 2019 aus. Er beziffert den Umsatz mit Noten auf gut 93 Millionen Euro im Jahr 2019. Jüngere Branchenzahlen liegen ihm noch nicht vor. Der Buchmarkt erlöste im selben Jahr rund 9,3 Milliarden Euro.

Rund 350 Musikverlage gebe es in Deutschland – wenige grosse, viele kleine. Nur ein bis zwei Handvoll erreichen die Zehn-Millionen-Euro-Grenze beim Jahresumsatz, meint der DMV-Vizepräsident, der auch den Bärenreiter-Verlag in Kassel leitet. Dieser feiert 2023 sein 100-jähriges Bestehen.

Originalartikel:
https://www.nmz.de/kiz/nachrichten/krieg-inflation-online-konkurrenz-musiknotenmarkt-unter-druck

Schulthess geht nach Berlin

Seit 2003 bieten die Zentralschweizer Kantone Kunstschaffenden diverser Sparten die Möglichkeit eines viermonatigen Aufenthalts in Berlin an. 2024 profitiert davon auch die Luzerner Musikerin Karin Schulthess.

Karin Schulthess (Bild: Webseite Kanton Schwyz)

Als Performerin, Perkussionistin und Gründungsmitglied der Formation «Lauter Luisen» vertont Karin Schulthess (*1969) laut einer Medienmitteilung des Kantons Schwyz zeitgenössische Lyrik aus dem deutschen Sprachraum. Während ihres Atelieraufenthalts in Berlin wird Karin Schulthess neue Texte erarbeiten und vertonen und möchte der Tradition des deutschen Chansons und des Kabaretts nachspüren.

Sie faszinieren spartenübergreifende Projekte und sie beabsichtigt, das vierte abendfüllende Programm der «Lauter Luisen» zu entwickeln. Zudem möchte sich Karin Schulthess «auch Raum für Neues und Unvorhergesehenes schaffen, in die Berliner Szene(n) eintauchen, in diese pulsierende Metropole mit ihren verschiedenen Kulturen, ihrer Musik und ihren Rhythmen».

Neben Karin Schulthess kommen 2024 Lina Müller, Illustratorin und visuelle Künstlerin, Kanton Uri, und Béla Rothenbühler, Autor, Kanton Luzern, in den Genuss des Atelierstipendiums.

Hindemith-Stiftung mit neuer Präsidentin

Die Bratschistin Tabea Zimmermann ist zur Präsidentin des Stiftungsrates der Hindemith-Stiftung gewählt worden. Sie tritt die Nachfolge von Andreas Eckhardt an, der dieses Amt seit 1999 innehatte. Tabea Zimmermann gehört als weltweit renommierte Künstlerin zu den profiliertesten Interpreten der Werke Paul Hindemiths.

Tabea Zimmermann. Foto: Marco Borggreve

Über ihre neue Aufgabe sagt Tabea Zimmermann: «Der Fokus der Stiftung wird auch weiterhin darin liegen, möglichst vielen Menschen die fantasievollen und vielseitigen Werke des Komponisten Paul Hindemith näher zu bringen. Es liegt mir sehr am Herzen, die Ursprünglichkeit der Musikerpersönlichkeit Paul Hindemiths wieder stärker ins Bewusstsein zu rücken. Hindemiths humorvoller Umgang mit historischen und zeitgenössischen Themen kann auch in unserer heutigen Zeit ein Ansporn sein, gesellschaftliche Utopien mit und durch Musik zu entwickeln. Als Musikerin werde ich vermehrt bei Festivals, Ensembles und Lehrenden darum werben, neue Blicke auf die Musik von Paul Hindemith zu werfen und auch seltener gespielte Werkgruppen zur Aufführung zu bringen.»

Die Hindemith-Stiftung als Rechtsnachfolgerin des Komponisten widmet sich der Bewahrung und Verbreitung des kulturellen Vermächtnisses, das in dem musikalischen und literarischen Nachlass vorliegt. Sie unterhält das Hindemith Institut Frankfurt, das als Zentrum der Hindemithforschung auch die historisch-kritische Gesamtausgabe der Werke herausgibt, sowie das Hindemith Musikzentrum am letzten Wohnort des Komponisten in Blonay/Schweiz. Dort werden Kurse und Workshops zu unterschiedlichsten musikalischen Themen durchgeführt. Zudem ist sie Stifterin des Paul-Hindemith-Archivs an der Universität Zürich.
 

Höchstleistungen ohne Überbelastung

An der Hochschule Luzern – Musik wird seit einigen Jahren zum Thema Wohlbefinden bei Musikerinnen und Musikern geforscht. Das internationale Symposium vom 24. und 25. November zeigte Perspektiven auf.

Höchstleistungen ohne Überbelastung
Foto: HSLU – Musik

«No pain, no gain.» Das Motto soll auf Jane Fondas Aerobic-Videos der Achtzigerjahre zurückgehen. Es umschreibt auch eine Einstellung in der Musikpädagogik des 20. Jahrhunderts: Exzellenz ist nur zu erreichen, wenn bis über eine Schmerzgrenze hinaus geübt wird. Gewichtige Pädagogikschulen folgten gar dem Prinzip, dass nur zu perfektem Virtuosentum aufgebaut werden kann, wer zuerst seelisch gebrochen wird. In Sport und Tanz hat man sich von dieser Mentalität weitgehend verabschiedet – oder ist gerade im Begriff, dies zu tun, wie die jüngsten Skandale in der Schweizer Gymnastik- und Tanzausbildung zeigen.

Auch in der Musikausbildung ist der Sinneswandel vermehrt festzustellen. Bereits Ende der 1990er-Jahre wurden, damals noch an der Musikhochschule Winterthur-Zürich und der Hochschule für Musik Basel, von Horst Hildebrandt und Marina Sommacal musikphysiologische Angebote aufgebaut. Sie mündeten 2005/2006 in die Gründung des Schweizerischen Hochschulzentrums für Musikphysiologie als Kooperationsprojekt aller schweizerischen Musikhochschulen. Daneben initiierte die Posaunistin Pia Bucher 1997 die Schweizerische Gesellschaft für Musik-Medizin als Anlauf- und Beratungsstelle.

Unverkrampfte und fächerübergreifende Ansätze

2019 hat das Kompetenzzentrum Music Performance Research der Hochschule Luzern ein Forschungsprogramm lanciert, das «mit spezifischen Projekten und Entwicklungsmassnahmen einen nachhaltigen Beitrag zur Förderung der Gesundheit und des Wohlbefindens» beim Musizieren leisten soll. Teil des Projektes war das von der Musikpsychologin Elena Alessandri und ihrem Team organisierte Symposium «Empowering Musicians: Gesund zum Erfolg». Es hat den Horizont noch einmal weiter als bisher üblich gesteckt: Programmiert waren unter anderem Referate mit Onlinezuschaltungen aus New York, London, Südafrika und – geografisch nicht gar so weit, aber schweizerisch-hochschulpolitisch mindestens genauso bemerkenswert – aus dem Tessin (der Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana).

Da war ein erfrischender Umgang mit dem Thema zu erleben, etwa im Onlinevortrag von Noa Kageyama, der an der Juilliard-School Violine und Performance-Psychologie unterrichtet. Er demonstrierte, wie Musikerinnen und Musiker von Erkenntnissen der Sportpsychologie profitieren können – in einer für uns Zentraleuropäer ungewohnt entspannten und unprätentiösen Art. Ganz ohne Berührungsängste zur Kommerzialisierung tut Kageyama dies auch als Geschäftsmodell mit Angeboten, die auf einer Webseite namens «Bulletproofmusician» abgerufen werden können. Er machte deutlich, dass das Erlernen einer Fertigkeit und ihr Ausführen nicht dasselbe sind und nach unterschiedlichen Übestrategien verlangen.

Valentin Gloor, der Direktor der gastgebenden Institution, erklärte in seinem Grusswort, dass die Luzerner Hochschule das Thema Gesundheit departementsübergreifend zu einem Schwerpunkt macht. Das fächer- und domänenübergreifende Denken zeigt sich in den Forschungsaktivitäten des Kompetenzzentrums Music Performance Research, das etwa auch Studien zu musiktherapeutischen Heilbehandlungen umfasst. So widmet sich eine Konsultationsstudie zum Beispiel der Musiknutzung von Parkinsonpatienten in der Schweiz und stellt die Frage, wie Betroffene Musik zur Verbesserung ihrer Lebensqualität einsetzen können. (Red. siehe Artikel von Dawn Rose, SMZ 4/2022, S. 4 oder englische Version musikzeitung.ch/memory)

Prävention schon in der Musikschule

Das Symposium machte deutlich, dass sich der Zeitgeist in der Pädagogik und im musikalischen Alltag ändert. Statt Überbelastungen als Zeichen zu werten, dass man zu Höchstleistungen bereit ist, werden heute Methoden entwickelt, akute und chronische Schäden gar nicht erst entstehen zu lassen. Statt einer Reparaturwerkstätte, die Hilfesuchende als Asyl der letzten Hoffnung wahrnehmen, wird die Musikermedizin mehr und mehr zum partnerschaftlichen Ort des körperlichen und psychischen Wohlbefindens.

Oliver Margulies, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der musikphysiologischen und musikmedizinischen Beratung der Zürcher Hochschule der Künste, stellte eine Initiative vor, die diesen Präventionsgedanken auch in die Musikschulen bringen soll. Ein entsprechendes Zertifikat soll sicherstellen, dass das Leitungsteam einer Musikschule sich «möglicher psycho-physischer Belastungen und gesundheitlicher Probleme durch das Musikmachen bewusst ist», sich für die Prävention und Gesundheitsförderung einsetzt und in regelmässigen Abständen musikphysiologische Weiterbildungsveranstaltungen anbietet.

In den Wunschkatalog für Musikausbildungsstätten gehört auch, dass Körperschulung, Entspannungstechniken und Mentaltraining einen Bestandteil der musikalischen Ausbildung von zusatzqualifizierten Musiklehrpersonen bilden und Bühnentrainings mit wählbarem Anforderungsgrad regelmässig und in geschütztem Rahmen stattfinden. Auch der «Praxistransfer von Forschungsergebnissen zur Trainingslehre, Pausenkonzepten, Muskel-, Atem- und Gehörphysiologie, zu Regenerationsmöglichkeiten sowie Akustik und zum Instrumentenbau in den Unterrichtsalltag» werden da gelistet.

Berner Kulturbotschaft genehmigt

Der Berner Gemeinderat hat die Kulturbotschaft genehmigt und damit die Mittelverwendung der städtischen Kulturförderung für die Jahre 2024-2027 festgelegt. Die Stadt führt gemeinsam mit dem Kanton eine Orchesterförderung ein.

Das Musikfestival Bern bekommt einen städtischen Subventionsvertrag. Foto: Pia Schwab

Der Berner Gemeinderat setzt die Schwerpunkte seiner Kulturförderung laut seiner Medienmitteilung auf Nachhaltigkeit, Diversität und kulturelle Vielfalt. Er halbiert die Anzahl Förderkredite und legt Fördermittel und Fachwissen zusammen. Der Gemeinderat hat zudem Leistungsverträge mit 25 Kulturinstitutionen gutgeheissen und die entsprechenden Verpflichtungskredite an den Stadtrat weitergeleitet. Über vier Verpflichtungskredite sollen die Stimmberechtigten im Juni 2023 befinden.

Der Kredit für Projekt- und Programmförderung erhält einheitliche Förderkriterien und -instrumente für alle kulturellen Vorhaben. Und aus den bisherigen Fachkommissionen entsteht ein Pool mit zusätzlicher Expertise aus vielen Bereichen, die bisher nicht abgedeckt worden sind. Diese wichtige Neuerung in der Kulturförderung wird von allen Parteien und den meisten Verbänden und Organisationen befürwortet.

Neu erhalten das Berner Puppentheater und das Kollektiv Freiraum / Heitere Fahne einen tripartiten und das Musikfestival Bern einen städtischen Vertrag. Das Berner Kammerorchester wird nicht mehr mit einem tripartiten Vertrag unterstützt. Die Stadt wird gemeinsam mit dem Kanton Bern eine Orchesterförderung einführen. Auf eine öffentliche Ausschreibung können sich alle Ensembles, die bestimmte Professionalitätskriterien erfüllen, für eine vierjährige Förderung bewerben. Dies gibt den Ensembles gleiche Fördervoraussetzungen und die notwendige Planungssicherheit, um im internationalen Wettbewerb zu bestehen.

Mehr Infos:
https://www.bern.ch/mediencenter/medienmitteilungen/aktuell_ptk/gemeinderat-verabschiedet-kulturbotschaft-2024-2027

 

Experimentieren als Programm

Sonic Matter, das junge Zürcher Festival für experimentelle Musik, fand zum zweiten Mal statt. Unter dem Motto «Rise» gab es rund 20 Veranstaltungen in unterschiedlichen Formaten. Der Fortbestand des Festivals steht noch offen.

Abschlussveranstaltung im Walcheturm. Foto: Kira Kynd

Das Publikum muss mit einem Platz am Boden in der Mitte des Raumes Vorlieb nehmen. Die Bühne und die Stühle an den Wänden sind für die Ausführenden reserviert. Diese: ein Dutzend Schülerinnen und Schüler der Kantonsschule Im Lee Winterthur. Da wird mit den Fingern geschnippt und auf die Schenkel geklopft. Eine Gruppe versucht sich als DJ und mischt die Musik zusammen, die sie zuvor selber aufgenommen hat. Eine andere Gruppe bringt mit ihren Computern Alltagsgeräusche wie Regen, Stimmengewirr, Glocken oder Autolärm zum Klingen. Die Präsentation im Theaterhaus Gessnerallee ist das Resultat eines edukativen Projekts. In mehreren Workshops unter der Leitung der Soundforscherin Iva Sanjek und des Perkussionisten Roman Bruderer haben die Schüler ein Programm erarbeitet, bei dem sich alles um das Hören dreht. Die Darbietung macht den Beteiligten offensichtlich Spass – grosse Kunst für die Ewigkeit will hier niemand bieten.

Von Zürich bis nach Uganda

Dass am Musikfestival Sonic Matter auch eine solche Veranstaltung Platz findet, ist bezeichnend. Als «Klingende Materie» werden nicht nur Kompositionen, sondern jede Art von Klangquellen verstanden. Dem vollendeten Werk stehen das Ausprobieren und Experimentieren gegenüber. Auch das Scheitern ist eine Möglichkeit. In diesem weit gefassten Neue-Musik-Begriff unterscheidet sich Sonic Matter deutlich von seinem Vorgängerfestival, den Tagen für Neue Musik Zürich, das sich im Kern der komponierten Musik widmete. Während die «Tage» von der Stadt Zürich veranstaltet wurden, handelt es sich bei Sonic Matter nun um eine eigenständige Trägerschaft. Die künstlerische Leitung obliegt der Komponistin und Musikpädagogin Katharina Rosenberger und der Kulturmanagerin und Journalistin Lisa Nolte.

Die zweite Ausgabe des Festivals Anfang Dezember stand unter dem Motto «Rise». Rosenberger versteht den Begriff nicht nur im Sinn von «aufsteigen» oder «wachsen», sondern auch als «aufbegehren» oder «Widerstand leisten». Neben der musikalischen rückt für sie somit auch die gesellschaftliche Bedeutung in den Blickpunkt. Damit verband sich das Motto bestens mit dem geografischen Fokus auf der Subsahara. Symptomatisch war da etwa die Zusammenarbeit mit dem ugandischen Festival Nyege Nyege, mit Künstlern, welche die postkolonialen Spuren in ihrer Gesellschaft aufarbeiten.

Vom Konzert bis zur Listening Lounge

In der Roten Fabrik, der Tonhalle, der Gessnerallee, im Kunstraum Walcheturm oder im Freien wurden ganz unterschiedliche Formate präsentiert, die vom traditionellen Konzert bis zur Klangperformance und zur Listening Lounge reichten. Auf einem hohen künstlerischen Niveau stand das Konzert des Tonhalle-Orchesters unter der Leitung des Komponisten und Dirigenten Peter Ruzicka. Einen kräftigen Akzent setzte hier die Uraufführung seines Konzerts für Viola und Orchester, das der Bratschist Nils Mönckemeyer mit Hingabe interpretierte. Gedanklich kreist das Werk um den Dichter Paul Celan und seinen Widerstand gegen den Naziterror. Eine Rarität bot auch die Aufführung der vierten Sinfonie von George Enescu, für den sich Ruzicka immer wieder einsetzt. In der Instrumentierung von Pascal Bentoiu wirkt das Werk allerdings wie ein schwer verdauliches, monströses Gebilde.

Konzert des Tonhalle-Orchesters unter der Leitung von Peter Ruzicka. Foto: Kira Kynd

Ganz auf der experimentellen Schiene bewegte sich die Abschlussdarbietung im Walcheturm. Die Installation Limbo und die Performance Ring sind beide einem spirituell-religiösen Hintergrund verpflichtet und lösten beim Publikum starke Assoziationen aus. Mit Ring des Komponisten und Stimmkünstlers Antoine Läng und seines Künstlerkollektivs war eine weitere Uraufführung des Festivals zu erleben. Sie setzt das Phänomen des Alpsegens in den Bergen akustisch mit Megafonen, portablen Lautsprechern, Elektronik, Stimmfragmenten und Instrumentalsplittern um. Unterschiedliche Echoeffekte ergaben sich nicht zuletzt dadurch, dass die Performance sowohl drinnen im Saal als auch draussen auf dem Zeughaushof ausgeführt wurde. Schade, dass die ursprüngliche Idee, auch das Publikum sich frei zwischen drinnen und draussen bewegen zu lassen, im letzten Moment fallengelassen wurde.

Antoine Läng in der Performance «Ring». Foto: Kira Kynd

Wie geht es mit Sonic Matter weiter? Zurzeit befindet sich das Festival in einer dreijährigen Pilotphase, die von der Stadt Zürich mit insgesamt 850 000 Franken subventioniert wird. Eine externe Firma nimmt in dieser Zeit eine Evaluation vor. Von deren Ausgang hängt es ab, ob die Stadt weiterhin Subventionen zahlt und ob somit das Festival weitergeführt werden kann. Im Sinn einer Bereicherung der (nicht nur zürcherischen) Neue-Musik-Szene wäre das sehr zu begrüssen.

Link zu Sonic Matter

Paasikivi Intendantin der Bregenzer Festspiele

Lilli Paasikivi wird ab der Saison 2025 die künstlerische Leitung der Bregenzer Festspiele übernehmen. Die künstlerische Direktorin der Finnischen Nationaloper in Helsinki folgt damit auf Elisabeth Sobotka, die nach dem Sommer 2024 an die Staatsoper Berlin wechselt.

Festspiel-Präsident Metzler mit Lilli Paasikivi (Bild: Bregenzer Festspiele/Anja Köhler)

Die 1965 im finnischen Imatra geborene Lilli Paasikivi hat neben einer internationalen Karriere als Sängerin an führenden Opern- und Konzerthäusern die Organisation und Gründung mehrerer Sommerfestivals in Finnland mitorganisiert. Seit 2013 ist sie künstlerische Direktorin der Finnischen Nationaloper in Helsinki. Die Verbindung innovativer Technologien mit der Kunstform Oper stehen im Fokus ihrer Tätigkeit an der Finnischen Nationaloper.

Für die Bregenzer Intendanz haben sich 22 Personen beworben. Die Amtszeit der designierten Festspielintendantin läuft zunächst über den Zeitraum von fünf Jahren.

Die 2002 gegründete Bregenzer Festspiele Privatstiftung ist alleinige Eigentümerin der Bregenzer Festspiele GmbH, die Veranstalterin der jährlich in den Sommermonaten stattfindenden Bregenzer Festspiele ist. Stifter sind der Verein der Freunde der Bregenzer Festspiele, die Republik Österreich, das Land Vorarlberg und die Stadt Bregenz.

Wie Tiefton-Beschallung gemessen wird

Unter dem Titel «Tieffrequente Immissionen im Freizeitlärm» ist an der Technischen Hochschule Mittelhessen (THM) ein Forschungsprojekt angelaufen, das Voraussetzungen schafft, um tieftönende Beschallung praxisgerecht zu messen und aussagekräftig zu bewerten.

 

Das Projekt, das bis zum Februar 2027 läuft, sieht verschiedene Schritte vor. Zunächst geht es darum, eine umfassende Datenbasis zu schaffen. Zu diesem Zweck will man im Umfeld von mindestens 200 Musikveranstaltungen vor allem tieffrequente Immissionen messen und parallel dazu die Höreindrücke vor Ort von schalltechnischen Sachverständigen subjektiv beurteilen lassen. Ergänzend soll eine dreistellige Zahl von Hausfassaden auf ihre Transmissionseigenschaften im Bassbereich analysiert werden.

Dazu fehlen bishergenauere  Erkenntnisse, weil die bauakustischen Normen diesen Gesichtspunkt nicht in hinreichender Form einbeziehen. Geplant sind weiterhin umfangreiche psychoakustische Experimente, um die spezifische Störwirkung von solch veranstaltungstypischen Geräuschen auf den Menschen zu untersuchen und geeignete Korrekturfaktoren abzuleiten. Dazu müssen zunächst komplexe Versuchsdesigns entwickelt und eine geeignete Hörversuchsumgebung aufgebaut werden.

Mehr Infos:
https://www.thm.de/site/hochschule/campus/aktuelles/aus-lehre-und-forschung/musik-wird-oft-nicht-schoen-gefunden.html

Feines Gespür für das Zusammenspiel

Allüren waren ihm fremd. Er komponierte Orchester- und Kammermusik, die in jedem Instrument eine besondere Klangqualität entdeckte. In seinen Opern machte er schon früh die Ausgrenzung des Individuums und die Zerstörung der Natur zum Thema.

Jost Meier beim Komponieren.  Foto: Jean-Pierre Mathez, Editions Bim 2018

 

Jost Meier war Solothurner mit einer besonderen Beziehung zu Biel und seit 1980 in Basel zuhause. Der Dirigent und Komponist wurde am 15. März 1939 in Solothurn geboren. 1955 begann er sein Musikstudium bei Rolf Looser in den Fächern Komposition und Violoncello am Konservatorium Biel. Daneben studierte er einige Semester Mathematik und Physik an der ETH Zürich. 1964 erwarb er das Konzertdiplom als Cellist am Konservatorium Bern. Anschliessend studierte er beim Komponisten Frank Martin in den Niederlanden. Dieser eigenwillige Bildungsweg prägte sein Leben.

Ab 1964 spielte Jost Meier als Cellist im Tonhalle-Orchester Zürich und in der Camerata Bern. Zwischen 1969 und 1979 wirkte er als Mitbegründer und Chefdirigent des Sinfonieorchesters Biel Solothurn und hatte als musikalischer Impulsgeber grossen Einfluss auf das dortige Musikleben. 1980–1983 war er unter Armin Jordan als Kapellmeister am Theater Basel tätig. Ab 1983 arbeitete er als freischaffender Komponist und Dirigent. Von 1985 bis 2004 war er Dozent an der Hochschule für Musik der Musik-Akademie Basel und wirkte zugleich am Schweizer Opernstudio Biel.

Angeregt durch die langjährige Theaterpraxis, schuf Jost Meier in den 1980er-Jahren eigene Opern mit sozialen Themen. 1982 komponierte er die Oper Sennentuntschi nach Hansjörg Schneiders gleichnamigem Schauspiel. Die Uraufführung 1983 in Freiburg im Breisgau machte wegen ihrer unverblümten sozialen Thematik im Alpenmilieu Schlagzeilen. 1994 kam an der Deutschen Oper Berlin Jost Meiers Oper Dreyfus – die Affäre auf ein Libretto von George Whyte heraus. Das Stück zeigte Meier als engagierten Komponisten, der von der Bewegung der 1968er-Jahre geprägt war und Zeit seines Lebens wenig von bürgerlichen Konventionen hielt. Im November 2017 fand seine letzte Oper Marie und Robert am Theater Orchester Biel Solothurn viel Beachtung.

Jost Meier war als Komponist kein Avantgardist oder Bilderstürmer. Er komponierte für Stimmen, Ensembles und Orchester mit feinem Gespür für das Zusammenspiel. Zuletzt in seinem Konzert für Violoncello und Orchester, das im November 2019 in Biel uraufgeführt wurde. Damit schloss sich der Kreis zu Meiers eigenen Anfängen als Cellist und als Dirigent am Theater Orchester Biel Solothurn.

Jost Meiers mit grafischer Sorgfalt geschriebene Partituren befinden sich seit 2018 in der Vera Oeri-Bibliothek der Musik-Akademie Basel. Er war ein akribischer Arbeiter und ein überaus liebenswürdiger, bescheidener Mensch, der einem im Gespräch mit leisem Humor und grosser Offenheit begegnete. Wie jetzt bekannt wurde, ist Jost Meier am 5. Dezember 2022 in Basel im Alter von 83 Jahren gestorben. Wir werden ihn als ideenreichen Musiker und Menschen in Erinnerung behalten.

Image
Jost Meier, «Nächtliche Blume, Lyrische Szenen zu Paul Klee» (2006)
Autograf aus der Sammlung Jost Meier, Vera Oeri-Bibliothek der Musik-Akademie Basel
Foto: Madeleine Lüthi 2020

Meiser hört als Gare-du-Nord-Leiterin auf

Nach 22 Jahren wird Désirée Meiser, die künstlerische Leiterin und Mitgründerin des Gare du Nord, ihr Amt per Ende Juni 2024 auf eigenen Wunsch weitergeben.

Désirée Meiser (Bild: Bettina Matthiessen)

Désirée Meiser ist laut der Medienmitteilung, Mitgründerin und Künstlerische Leiterin des Gare du Nord, dem Bahnhof für Neue Musik in Basel. Seit der Eröffnung des Gare du Nord 2002 ist sie (bis 2008 gemeinsam mit der Dramaturgin Ute Haferburg) dessen  künstlerische Leiterin. Sie habe massgeblich dazu beigetragen, Gare du Nord in der Schweizer und internationalen zeitgenössischen Musikszene fest zu verankern.

Innerhalb der letzten 15 Jahre hat Meiser ausserdem mehrere Musiktheaterproduktionen inszeniert und den Gare du Nord unter anderem mit der Reihe «Musiktheaterformen» sukzessive auch als Ort für zeitgenössisches Musiktheater etabliert. Der Vorstand des Trägervereins des Gare du Nord hat eine Findungskommission eingesetzt, welche sich um eine Nachfolge kümmert. Die Ausschreibung der Stelle ist für Anfang Januar 2023 geplant.

Winterthurer Kulturleiterin tritt ab

Nach rund sechzehn Jahren gibt Nicole Kurmann die Leitung des Bereichs Kultur in der Winterthurer Stadtverwaltung ab. Sie leitet weiterhin die Sonderprojekte des Bereichs. Die Stelle Leiter/in Bereich Kultur wird öffentlich ausgeschrieben.

Nicole Kurmann. Foto: zVg

Kurmann wird weiterhin in einem Teilzeitpensum die ausserordentlichen Projekte des Bereichs leiten. Dabei handelt es insbesondere um die Projekte im Zusammenhang mit der Umsetzung des Museumskonzepts und die grossen Bauvorhaben im Bereich Kultur.

In ihren rund sechzehn Jahren Tätigkeit als Leiterin Kultur habe Nicole Kurmann die Kulturstadt Winterthur massgeblich mitgeprägt, schreibt die Stadt. Neben dem Tagesgeschäft verantwortete sie diverse strategische Projekte, etwa die Ausgliederung des Theater Winterthur aus der Stadtverwaltung und seine Überführung in eine Aktiengesellschaft.

Der Bereich Kultur der Stadt Winterthur ist für die Kulturförderung zuständig. Diese umfasst unter anderem Unterstützungsmassnahmen für private Kulturorganisationen und Kulturschaffende und die Führung der stadteigenen Kulturbetriebe.

Gaudenz verlängert in Jena

Der Schweizer Dirigent Simon Gaudenz hat seinen Vertrag als Generalmusikdirektor der Stadt Jena um zwei Jahre bis Ende Saison 2025/2026 verlängert.

Simon Gaudenz. Foto: Lucia Hunziker

Nach ersten Stationen als Chefdirigent das Collegium Musicum Basel, sowie zuvor als Gründungsmitglied und Künstlerischer Leiter der camerata variabile basel, wurde Simon Gaudenz 2010 zum Ersten Gastdirigenten des Odense Symphony Orchestra ernannt. 2012 folgte die Berufung zum Chefdirigenten des Kammerorchesters Hamburger Camerata, mit dem er regelmässig in der Elbphilharmonie Hamburg auftritt und auch weiterhin als Gastdirigent verbunden ist.

Vor über achtzig Jahren als Städti­sches Sinfonie­orchester Jena gegründet, erhielt die Jenaer Phil­har­monie 1969 ihren heutigen Namen. Unter dem damaligen Chef­diri­genten Günter Blumhagen (1967-1980) wurden die Musiker­stellen auf 85 erhöht. Als General­musi­kdirek­toren folgten Christian Ehwald (1981-1988), Andreas S. Weiser (1990-1998), Andrey Boreyko (1998-2004), Nicholas Milton (2004-2011) und Marc Tardue (2011-2017), bevor mit der Spielzeit 2018.2019 Simon Gaudenz die Leitung des Orchesters übernahm.

Wie Chöre unter der Pandemie leiden

Ein verheerendes Bild zu den Auswirkungen der Pandemie auf die Chormusik im deutschsprachigen Raum zeichnete letztes Jahr eine Studie der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU). Die Befragung ist diesen Frühling wiederholt worden.

Foto: JaCrispy/depositphotos.com

Wie die Auswertung zeige, habe sich die Situation hinsichtlich Mitgliederzahlen und Finanzen zwar etwas stabilisiert, aber auch dieser Teil der Musikkultur leide gewissermassen an Long-Covid, schreibt die Uni. Jeder fünfte Chor probe nach wie vor nicht. Im Nachwuchsbereich sei zudem häufig ein Wiederaufbau von Ensembles nötig, die in Folge der Pandemie keine Kinder und Jugendlichen hätten werben können.

Auch im Frühjahr 2022 waren unter den Befragten knapp ein Viertel der sonst aktiven Chormitglieder nicht aktiv, das ist dieselbe Grössenordnung wie 2021 und bedeutet, dass die meisten Chöre ihre ursprüngliche Mitgliederzahl noch nicht wieder erreicht haben. Die Prognose für die Mitgliederzahlen nach der Pandemie falle 2022 etwas optimistischer aus als ein Jahr zuvor, auch wenn ein Anteil von acht Prozent der Chöre verbleibe, die mit einem dauerhaften und deutlichen Mitgliederverlust rechnen.

Originalartikel:
https://www.ku.de/news/mit-zaghafter-stimme-welche-folgen-die-pandemie-weiterhin-fuer-die-chormusik-hat

Vertragsverlängerungen in der Tonhalle

Die Zürcher Tonhalle-Gesellschaft verlängert die im Juli 2024 auslaufenden Verträge
von Music Director Paavo Järvi und Intendantin Ilona Schmiel für fünf Jahre bis Juli
2029.

Paavo Järvi, Ilona Schmiel. Foto: Joseph Khakshouri

Seit seinem Antritt als Music Director zu Beginn der Saison 2019/20 hat Paavo Järvi das Ziel verfolgt, das Orchester international zu positionieren. Zahlreiche CD-Einspielungen in dieser kurzen und von Corona geprägten Zeit verdeutlichten dies, schreibt die Tonhalle-Gesellschaft. Ebenso wurde unter seinen ersten Jahren vermehrt auch in Tonbild-Aufnahmen und Streamings von Konzerten investiert.

Das neu eingeführte Format der Residencies wird weitergeführt und ausgebaut. Die Conductor’s Academy wird weiterhin jährlich stattfinden. Gleichermassen will Järvi weiterhin in Formate für eine neue Generation von Musikliebhabern investieren.

Ilona Schmiel möchte die Tonhalle Zürich weiterhin für die jüngere Generation öffnen.

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