Aarauer Überbrückungshilfen

Das Aarauer Reglement über die Überbrückungshilfe im Kulturbereich ist nach Ablauf der Referendumsfrist in Kraft. Gesuche können ab sofort eingereicht werden.

Foto: Ferran Feixas/unsplash.com (s. unten)

Das Reglement sieht vor, dass in Aarau wohnhafte Kulturschaffende und Vereinigungen aus dem Kulturbereich mit Sitz in Aarau, welche durch die COVID-19- Beschränkungen in Not geraten sind, finanzielle Hilfe bei der Stadt Aarau beantragen können. Dies gilt rückwirkend ab 13. März und bis 31. Dezember 2020. Für die Überbrückungshilfe stehen insgesamt 40‘000 Franken zur Verfügung. Nebst der subsidiären Leistung von Erwerbsausfallersatz werden unter gewissen Voraussetzungen auch die Grundgebühren für die kulturelle Nutzung von öffentlichen Räumen und Plätzen erstattet.

Für Gesuche zum Erwerbsausfallersatz sind neben der schriftlichen Begründung der Notlage auch der Nachweis der Gesuchstellung an die entsprechenden kantonalen und nationalen Stellen sowie deren Entscheide notwendig. Zudem müssen die Einnahmen und Ausgaben, der Vermögenssituation und die aktuelle Liquidität offengelegt werden.

Für den Erlass der Grundgebühren für die kulturelle Nutzung von öffentlichen Plätzen oder Gebäuden der Stadt ist ein Gesuch mit entsprechenden Rechnungen sowie eine Beschreibung des geplanten oder bereits durchgeführten Anlasses einzureichen.

Gesuche sind bis spätestens 31. Dezember 2020 an die Kulturstelle, Abteilung Kultur Aarau, unter kulturstelle@aarau.ch oder postalisch an Rathausgasse 1, 5000 Aarau, zu senden. Die Kulturstelle unterstützt Kulturschaffende und kulturelle Vereinigung weiterhin beratend.

Das Reglement über die Überbrückungshilfe im Kulturbereich findet sich unter folgendem Link: https://aarau.tlex.ch/frontend/versions/302

Ein Geiger schreibt für Klavier

Die stark an Max Reger erinnernde Klaviersonate op. 25 von Adolf Busch liegt in einer übersichtlichen und hilfreichen Neuausgabe von Jakob Fichert vor.

Arturo Toscanini und Adolf Busch kehren im Januar 1932 nach erfolgreicher Amerika-Tournee auf dem Dampfer «Albert Ballin» nach Europa zurück. Von links nach rechts: Irene Busch (1935 Heirat mit Rudolf Serkin), Arturo Toscanini, Adolf Busch, Frieda Busch. Bild: Deutsches Bundesarchiv / wikimedia commons

Adolf Busch (1891–1952) gilt vielen in erster Linie als einer der bedeutendsten Geiger des 20. Jahrhunderts. Weniger bekannt dürfte sein, dass er auch ein ambitionierter Komponist war. Busch schrieb zahlreiche Kammermusik- und Orgelwerke, Lieder, aber auch Sinfonisches. Dass er zudem ein virtuoses Klavierkonzert und eine gross angelegte Klaviersonate verfasste, mag auf den ersten Blick überraschen. Anregung dazu holte er sich wohl bei seinem jungen Klavierpartner Rudolf Serkin, der später ja auch sein Schwiegersohn wurde. Serkin war es auch, der die Klaviersonate op. 25 1922 in Berlin zur Uraufführung brachte. Die Presse reagierte vorerst eher negativ. Das Werk sei «unlogisch und uninteressant», hiess es beispielsweise. Andere jedoch waren von der Qualität überzeugt und setzten sich dafür ein, nicht zuletzt natürlich auch Serkin selbst.

Die Sonate besteht aus drei Sätzen: einem Allegro moderato con passione, einem weit ausladenden Variationensatz und einer abschliessenden Fuge mit Introduktion, welche schlussendlich die Themen der vorangehenden Sätze kunstvoll miteinander verbindet. Von «unlogisch» kann also nicht die Rede sein. Anspruchsvoll für den Hörer ist aber sicher die sich ständig verändernde Harmonik. Ähnlich wie bei Max Reger, dem diese Musik sehr nahesteht, gibt es auch hier eine Unmenge von Modulationen auf engstem Raum, welche zunächst das Verständnis für die formalen Abläufe erschweren. Am zugänglichsten ist wohl der 2. Satz, dessen Variationen sich an ein schlichtes Thema in der Art eines Streichquartetts anlehnen.
A propos Reger: Einige Stellen in Buschs Klaviersonate könnten geradezu als Hommage an das grosse Vorbild gelten. Man vergleiche nur einmal das Adagio im 2. Satz mit der neunten aus Regers monumentalen Bach-Variationen …

Pianistisch ist Buschs Sonate zwar sehr anspruchsvoll, der Klaviersatz liegt aber meist ganz gut in den Fingern. Und wo dies nicht der Fall ist (wie bei den zahlreichen Trillern in der Fuge), hat Jakob Fichert, der die neue Ausgabe bei Breitkopf & Härtel betreut hat, praktikable Lösungen parat.

Fichert hat das Werk 2016 sogar auf CD aufgenommen (Toccata Classics 0245) und kennt es somit aus eigener Anschauung. In seinem Spiel bemüht er sich um grösstmögliche Klarheit, was vielleicht etwas auf Kosten der Expressivität geht. Aber seine profunde Kenntnis dieser Musik beeindruckt: Die Korrekturen gegenüber der Erstausgabe und des Autografs sind gut nachvollziehbar und die Fingersätze sehr hilfreich. Das Notenbild ist – soweit es diese Musik zulässt – übersichtlich und klar. Wer sich also intensiver mit Adolf Buschs Klaviersonate op. 25 befassen möchte, ist mit dieser Neuausgabe sehr gut gerüstet.

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Adolf Busch: Sonate c-Moll für Klavier op. 25, hg. von Jakob Fichert, EB 8996, € 24.90, Breitkopf & Härtel, Wiesbaden

Der Opernkomponist Vivaldi

Die Editions Buissonnières haben seine Arien in begehrenswerten Sammlungen für jede Stimmlage zugänglich gemacht.

Foto: Marco Ceschi/unsplash.com

Antonio Vivaldi, Komponist und Violinvirtuose, ist für andere Werke berühmt, nicht für sein Opernschaffen. Und doch schrieb er in den Jahren 1713 bis 1739 nach eigenen Angaben 94 Opern, bis zu 5 Opern jährlich! Davon sind 49 erhalten und, zumindest teilweise, als seine Werke identifiziert.

Besonders an den Theatern Roms, Mantuas, Veronas und in seiner Heimatstadt Venedig war Vivaldi als Opernkomponist tätig und verwendete vorwiegend Stoffe aus der antiken Geschichte und der Mythologie. Diven wie Cecilia Bartoli haben sich schon früher mit seinem Opernschaffen beschäftigt, entsprechende Tonträger liegen vor, doch hört man diese Musik, bis auf wenige bekannte Arien, nicht häufig. Die Editions Buissonnières machen uns das Vokalwerk Vivaldis nun aufs Schönste zugänglich.

Eine ganze Vivaldi-Ariensammlung eröffnet uns den Blick auf ungeahnte Schätze auch aus sehr unbekannten Opern. Nach Stimmgattungen geordnet, liegt eine zauberhafte Reihe vor, zauberhaft vor allem in der Ausführung: gebundene Bücher, die die Konkurrenten Fotokopie und Tablet vor Neid erblassen lassen. Diese Bücher will man haben. Schon der feste Einband besticht mit venezianischen Ansichten, jedem Stimmfach ist ein Band gewidmet, Sopran-, Mezzosopran-, Alt- und Tenor-Arien sind selbstverständlich ergänzt durch einen Band für Contre-ténor, ein weiterer für Bariton/Bass ist noch für dieses Jahr angekündigt. Ausserdem gibt es einen Band mit Ensembles und Chören. Bereichert wird das Notenmaterial durch wenige historische Abbildungen.

Drei grössere Opern werden ausführlich mit Entstehungsgeschichte, Besetzung und Inhalt besprochen. Kommentare zur Einordnung der Arien in den jeweiligen Handlungszusammenhang sowie eine Übersetzung des Gesangstextes aus dem Italienischen sind jeder Arie vorangestellt. Einziger Wermutstropfen: All diese Texte sind nur französisch.

Die Musik ist packend, ergreifend, aussergewöhnlich, vielfältig. Wie man Vivaldi kennt. Virtuos herausfordernd, furios, elegisch-expressiv, innig. Mit dieser Musik kann man singen lernen, kann man Virtuosität, Musikalität und Expressivität unter Beweis stellen. Man kann nur hoffen, dass diese Werke vermehrt Eingang finden in Konzertsäle und Musikhochschulen. Oder haben Sie schon mal von einer Oper namens Tietiberga oder Dorilla in Tempe oder Atenaïde gehört?

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Antonio Vivaldi: Airs d’opéra pour
soprano, chant et clavier, EB-2-115, € 29.00;

mezzo-soprano EB-2-337, € 33.00;
alto EB-2-371, € 38.00;
contre-ténor, EB-2-222, € 38.00;
ténor, EB-2-372, € 29.00;
Extraits d’opéras duos, trios, chœurs, EB-2-370, € 29.00;

Editions Buissonnières, Crozon

 

«Easy» Ensemblespiel

Vier Stücke, arrangiert für variables vierstimmiges Instrumentalensemble enthält Band 6 dieser praktischen Serie.

Foto: Frank Güllmeister/pixelio.de

Dies ist bereits der sechste Band mit Arrangements für Jugendensembles des britischen Musikers, Komponisten und Dozenten James Rae. Er hat es bisher auf über 250 Publikationen meist pädagogischer Musik gebracht, die fast alle bei der Universal-Edition erschienen sind. Dazu zählen Instrumentalausgaben, Etüden und Schulen für Blasinstrumente, Transkriptionen und Duette. Gemeinsam mit seinem Landsmann, dem Jazzpiano-Dozenten Mike Cornick, hat er vier Musicals für Schulen geschrieben.

Die Serie All together easy zeichnet sich aus durch leicht spiel- und durchhörbare Instrumentalsätze, «demokratische» Verteilung der Melodie auf alle vier Stimmen und eine stilistisch vielfältige Auswahl populärer Stücke aus Klassik, Folk, Jazz und Eigenkompositionen.

Band 6 enthält: Mack the Knife (Kurt Weill), Brautchor aus Lohengrin (Richard Wagner), The Sky Boat Song (trad. Scottish) und der fetzige Rugged Rock (James Rae).

Ensemble-Lehrkräfte finden in All together easy geeignetes Material für lustvolles Musizieren in jedweder Kombination von Instrumenten. Der Schwierigkeitsgrad ist für alle Instrumente mit «easy» richtig umschrieben. Anspruchsvollere und kontrapunktisch differenziertere Ensemblesätze kann man dann immer noch selber machen!

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All together easy, Leichte Konzertstücke für variables vierstimmiges Instrumentalensemble, Band 6, arr. von James Rae, Partitur und Stimmen (in C, Bb und Eb), optionaler Klavierpart, UE 21 585, € 22.50, Universal Edition, Wien

Anders trommeln

In «Echo Drums» begleitet Oli Rubow den Aneignungsprozess für elektronische Hilfsmittel und den Einsatz von Effekten beim Drumspiel.

Oli Rubow. Foto: Oliver Leicht (Ausschnitt)

Für viele Trommler ist Oli Rubow kein neues Fell. Man kennt ihn schon seit Jahren durch zig Blogeinträge und Artikel zum Thema «Echo Drums», sein musikalisches Forschungsfeld, welches er in den letzten 20 Jahren intensiv beackert hat. Zu hören ist diese Auseinandersetzung zum Beispiel in Bands wie Netzer, Hattler oder DePhazz. Er praktiziert ein hybrides Drumspiel mit akustischem Drumset und elektronischen Effekten.

Apropos Elektronik: 1957 hat Pierre Schaeffer, mit seiner experimentellen «Musique concrète» einer der Pioniere elektronischer Musik, Regeln aufgestellt, um das damalige kompositorische Handwerk zu revolutionieren. In seinen Forderungen ging es darum, «neue Klangobjekte zu schaffen und deren Realisierung zu üben». Oder «Apparate zur Klangmanipulation handhaben zu lernen» und «vor der Konzeption von Werken Studien anzufertigen». Als krönenden Abschluss formulierte er dann folgende Regel: «Arbeit und Zeit – unerlässlich für jeden echten Aneignungsprozess!»

Ich zitiere diese Episode der Musikgeschichte, weil Oli Rubow in seinem Buch Echo Drums genau diese Praktiken nutzt und damit den Aneignungsprozess sehr unterstützt. Mit frischem Flow erzählt er seine Geschichte. Vom ersten Echogerät bis zum heutigen Setup. Stolperfallen und Workarounds, musikalische Tricks und technisches Know-how – als Leser oder Leserin ist man sofort mittendrin in dieser spannenden Welt und möchte diese Klänge gleich ausprobieren.

Dank der durchdachten Schritt-für-Schritt-Anleitung gelingt das auch problemlos. Mit konkreten Übungen, die man sofort umsetzen kann, wird das Thema immer weiter ausgeleuchtet. Man schafft neue Klänge und übt deren Realisierung. Man lernt die Apparate kennen, welche weit weniger kompliziert einzusetzen sind, als befürchtet. Mit Anekdoten und Verweisen auf Musikstücke der Popgeschichte wird man mit vielfältigen Möglichkeiten dieser Effektspielweise vertraut. Dazu gibt es viele weiterführende Links und Online-Videos.

Dieses Buch ist eine Empfehlung an alle Musikerinnen und Musiker, welche mit konkreten Übungen die spannende Welt von Echo- und Delay-Effekten in ihr Spiel integrieren möchten.

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Oli Rubow: Echo Drums – Anders trommeln dank Strom und Effekten, 116 S., € 24.80, Leu-Verlag, Neusäss, ISBN 978-3-8977-184-2

Ein Kanon von Meisterstücken?

268 Schlüsselwerke von 180 Komponistinnen und Komponisten werden in diesem Buch vorgestellt. Die Auswahlkriterien bleiben aber diffus.

Foto: Aniyora J/unsplash.com

Schlüsselwerke: Das sind einerseits Stücke, die einer Epoche etwas Neues erschliessen, so dass alles anders ist als zuvor. Es sind andererseits Stücke, die uns im Nachhinein eine Epoche zugänglich machen, so dass wir sie besser verstehen. Welche Stücke wären das nun? Auf einige von ihnen, L’Orfeo, die Neunte oder den Wozzeck etwa, wird man sich leicht einigen können, aber dann beginnt die Diskussion. Und natürlich wählen jeder und jede anders aus!

Und deshalb weckt schon ein erster Blick ins Inhaltsverzeichnis dieses Buchs Zweifel. Von Chopin, Ravel oder Cage gerade ein Stück? Kein Antoine Brumel, Gottfried Heinrich Stölzel oder Pierre Henry, dafür ein Klavierkonzert von Norbert Burgmüller oder Guillaume Lekeus Klavierquartett? Und ist Glenn Goulds Interpretation der Goldberg-Variationen als Werk zu verstehen? Noch schwieriger wird es, wenn sich die Autoren nicht für ein Werk entscheiden können. So wählen sie gerade je eine Sinfonie von Haydn und Mozart aus, packen jedoch alle neun von Beethoven auf eine Seite und alle seine Klaviersonaten auf eine halbe. Ein Kanon lässt sich so nicht bilden.

Vielleicht sollte man ein Buch mit «Schlüsselwerken der Musik» nicht als Bestätigung eigener Meinungen verstehen, sondern als Herausforderung annehmen. Und das ist es denn auch: 268 Schlüsselwerke von 180 Komponistinnen und Komponisten vom anonymen Mittelalter wie ins frühe 21. Jahrhundert sind hier versammelt und exemplarisch besprochen. Allerdings handelt es sich oft kaum um Werk-, sondern um Komponistenporträts, ausgehend von einem Werk. Auch das zeugt von einer gewissen Unentschlossenheit gegenüber dem «Schlüsselwerk».

Zugänglichkeit und Verständlichkeit sind Programm: Klassische Musik sei heute nichts Elitäres mehr, sondern leicht greifbar, behaupten die Autoren zu Beginn des Vorworts, und sie lösen es dadurch ein, dass sie versuchen, sich nicht fachterminologisch zu verstricken. Zuweilen glückt es ihnen, kleine Geschichten zu erzählen. Sie dekonstruieren Klischees – und bauen anekdotisch gleich selber welche auf. Die Sprache enthält streckenweise Witz und willkommene Ironie, gerät aber manchmal etwas gar flapsig, etwa wenn es über Witold Lutosławskis Jeux vénitiens abschliessend heisst: «Die vier Kurzsätze sind ungemein lebendig, vor allem der letzte. Die Lagunenstadt dürfte sich darin wiederfinden.» Was soll das? So hinterlässt das Buch trotz vieler Anregungen und Informationen auch einen etwas zwiespältigen Eindruck. Eine klarere Konzeption hätte da geholfen.

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Bernd Asmus, Claus-Steffen Mahnkopf, Johannes Menke: Schlüsselwerke der Musik, 304 S., € 26.80, Wolke, Hofheim 2019, ISBN 978-3-95593-125-4

Neu gestartet

Aus dem Onlinemagazin Norient ist eine Plattform geworden, die aktuelle, vor allem urbane musikalische Phänomene aus allen Kontinenten vorstellt und reflektiert.

Bildschirmfoto Website Norient

Norient kommt das Verdienst zu, die journalistische Aufarbeitung dessen, was man als Weltmusik oder «World Music» bezeichnet, aus der Ecke des Orchideenfachs Ethnomusikologie geholt zu haben. Das Onlinemagazin war bei seiner Gründung vor rund zwanzig Jahren ein notwendiges Statement dagegen, die Folkloren der Welt propagandistisch-nationalistischen Kreisen zu überlassen. Am mitgelieferten Themenraster des Neuauftrittes lässt sich ablesen, dass links-urbane Präferenzen nun noch stärker in den Vordergrund rücken: Der Stichwortkatalog reicht von Aktivismus über Kolonialismus, Gegenkulturen, Ethik, Geschlechterrollen, Queer bis zu Technologie und Klimawandel.

Das Ziel ist laut der Eigendefinition der Plattform «die Unterstützung (sub-)kultureller Diversität, die Ausweitung des Horizonts und die Anregung des Dialoges zwischen Menschen, Kontinenten und Fachrichtungen». Dabei tappt die Plattform allerdings in die Falle der aktivistischen Vermischung von Form und Inhalt: Die Art der Präsentation ist nicht so werttolerant, dass sie die Hoffnung auf Horizontausweitung befördern würde. Die Gestaltung der Seite folgt typisch urban-ideologischen Gestaltungstrends. Das wirkt für Aussenstehende zwar originell, aber verwirrlich, ja chaotisch. Man fühlt sich als Nichteingeweihter ausgeschlossen. Schade, viele Beiträge wären auch für Andersdenkende anregend.

Man kann den Neustart der Seite als Symptom einer globalen Verschiebung der kulturellen Grenzen sehen: weg von einer Kategorisierung in erste und dritte Welt respektive industrialisierte und unterentwickelte Länder, hin zu einem grösser werdenden Graben zwischen traditionellen und grossstädtischen Lebenswelten. Dabei besteht die Gefahr, dass statt der behaupteten Vielfalt wiederum Konformität erzeugt wird. Das Ergebnis ist eine trendig-urbane Ästhetik und Ethik, welche die Kulturszenen der Metropolen überall auf dem Globus austauschbar macht, das demokratische Potenzial der gemächlichen und hoch partizipativen Erneuerungsprozesse lokaler Volkskulturen hingegen mehr und mehr als Hemmschuh betrachtet.

Norient – The Now in Sound

Zanon und Pescia spielen Zanon

Abwechselnd mit dem Komponisten selbst spielt der bekannte Pianist Cédric Pescia Werke des noch wenig bekannten Gregorio Zanon.

Gregorio Zanon (links) und Cédric Pescia. Foto: Jay Louvion/Claves

Die Doppel-CD mit Klavierwerken von Gregorio Zanon (*1980) rückt einen Schweizer Komponisten in den Fokus, der in der Deutschschweiz noch wenig bekannt ist. Zu Unrecht, würde ich nach dieser ersten Begegnung mit seinem Werk sagen. Es ist schade, dass die Plattenfirma die Biografie des Pianisten Cédric Pescia, der hierzulande einen ausgezeichneten Ruf geniesst, auf zwei Seiten ausbreitet, während über den Komponisten im Booklet nur dürftige Informationen zu finden sind. Bei Wikipedia erfährt man, dass der in Genf geborene Zanon in seiner Heimatstadt bei Jean Balissat und Eric Gaudibert sowie in London bei Dominic Muldowney studiert hat. Besonders mit Werken für Streicher hat er bereits beachtliche Erfolge erzielt.

Zanons Klavierwerk ist stilistisch vielgestaltig. Er ist kein Bilderstürmer, der die Musik neu erfinden will, aber auch kein Ewiggestriger, der heute noch komponiert wie zu Brahms’ Zeiten. Vielmehr baut er aus den Elementen der tonalen Musik seinen eigenen musikalischen Kosmos, der momentweise an Skrjabin, Schostakowitsch oder Ravel erinnern mag, aber als Ganzes doch eine ganz persönliche Leistung darstellt. Eine musikalische Schublade, in die man Zanons Werk stecken könnte, fällt einem auch nach längerem Nachdenken nicht ein. In seinem Booklettext nennt Antonin Scherrer als Elemente von Zanons Stil zutreffend den meditativen oder nostalgischen Kontrapunkt, Erinnerungen an Vogelrufe und den hyperromantischen Elan. Trotz der teilweise raffinierten Konstruktion seiner Stücke hat man nicht selten den Eindruck, dass sie im Moment improvisiert werden und der Verlauf noch nicht endgültig definiert ist. Einige Werke auf den CDs sind das Resultat von Umarbeitungen von Stücken, die der Komponist teilweise noch während seines Studiums oder gar vorher komponiert hatte. Vermutlich sind ihnen die Revisionen gut bekommen, da sie jetzt wie aus einem Guss wirken. Eine geistreiche Bach-Hommage sind die drei Goldberg-Etüden, die den Leipziger Meister ganz fein anklingen lassen. Sie wären bestimmt ein grosser Erfolg in jedem Klavierrezital.

Cédric Pescia und Gregorio Zanon teilen sich in die Aufnahmen der neun Werke, die pianistisch durchaus anspruchsvoll sind. Pescia zieht alle Register seines Könnens, und es ist eine Freude, ihm zuzuhören. Es ist ohrenfällig, dass er sich mit diesen Stücken voll und ganz identifiziert. Die grosse Überraschung ist aber der Komponist selber, der seinen Werken ein idealer Interpret ist, sehr klangschön in zarten Passagen, präsent aber auch da, wo sie grosses technisches Können erfordern. Kein Wunder, dass Pescia sich erinnert, er sei überwältigt gewesen, als er Zanon das erste Mal «seine Musik spielen – leben!» gehört habe.

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Gregorio Zanon: Works for Solo Piano. Cédric Pescia und Gregorio Zanon, Klavier. Claves 1912/13 (2 CDs)

Musizieren und Singen unter erschwerten Bedingungen

Der Verband Musikschulen Schweiz hat zusammen mit weiteren Partnern den Tag der musikalischen Bildung CH lanciert. Am 7. November sollen Aktionen vor Ort sowie eine Kampagne in den sozialen Medien bewusst machen, dass musikalische Bildung zu den tragenden Stützpfeilern des Gesellschaftsgebäudes gehört.

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Die Musikschulen der Schweiz und die Laienorganisationen wie Jugendmusikvereine, Blasmusiken, Chöre und Laienorchester sind die wesentlichen Träger der musikalischen Bildung von Kindern und Jugendlichen wie auch von Erwachsenen. Sie fördern das Musizieren und Singen und tragen wesentlich zur Verankerung der Musik in der Bevölkerung bei.

Die öffentlichen Musikschulen in der Schweiz erfüllen als Teil des Bildungssystems, als Kulturinstitutionen und als vorbereitende Ausbildungsstätten für ein Studium an einer Musikhochschule bedeutende Bildungsaufgaben in unserer Gesellschaft. Jugendmusikvereine engagieren sich als Bildungsplattformen in der musikalischen Nachwuchsförderung und tragen zusammen mit den Blasmusiken zum nationalen Zusammenhalt bei. Chöre und Laienorchester fördern das gemeinsame Musizieren im Ensemble und machen Musik an Konzerten einem breiten Publikum zugänglich. Musikschulen und Laienorganisationen ermöglichen Menschen aller Altersgruppen musikalische Bildung und leisten damit einen entscheidenden Beitrag zur Teilhabe der Bevölkerung am Kulturerbe, zu dessen Pflege und Weiterentwicklung.

Die Coronavirus-Pandemie als grosse Herausforderung

Auch nach Wiederaufnahme des Präsenzbetriebs an den Musikschulen und des Proben- und Orchesterbetriebs bei den Laienorganisationen sind die Folgen der Coronavirus-Pandemie im Bereich der musikalischen Bildung noch lange spürbar – zur Zeit verschärfen sich die Bedingungen wieder rasant und die kurze fragile «neue Normalität» ist bereits wieder in Frage gestellt.

In den rund 400 im Verband Musikschulen Schweiz (VMS) eingebundenen Musikschulen können Instrumentenvorstellungen aktuell nicht regulär durchgeführt und damit Kinder und Jugendliche nicht im üblichen Ausmass für die musikalische Bildung begeistert werden. Ensemble- und Orchesterproben sowie Konzerte der Musikschulen, Laienmusikvereine und Chöre können aufgrund der Schutzmassnahmen nur unter erschwerten Bedingungen stattfinden. Viele Konzerte und Wettbewerbe mussten abgesagt werden und sind vermutlich auf längere Zeit nicht im gewohnten Umfang möglich.
 

Musikalische Bildung in Gefahr

Die Coronavirus-Pandemie dürfte aufgrund der in vielen Branchen angespannten wirtschaftlichen Lage Auswirkungen auf die finanziellen Verhältnisse vieler Familien haben. Es ist fraglich, ob in der Folge alle Eltern ihre Kinder und Jugendlichen weiterhin zu den aktuell geltenden Elternbeiträgen in den Musikunterricht schicken können. Erste Rückmeldungen aus den Musikschulen deuten darauf hin, dass mit einem Rückgang der Anzahl Schülerinnen und Schüler zu rechnen ist. Bei den Musikvereinen und Laienorchestern wie auch den Chören drohen Rückgänge bei den aktiven Mitgliedern, da Konzertauftritte kaum möglich sind und der Probenbetrieb nur unter starken Einschränkungen stattfinden kann. Damit wird der Zugang zu Musikschulen und Laienmusikvereinen nachhaltig erschwert und in der Folge die Chancengerechtigkeit im Bereich der musikalischen Bildung noch weniger gewährleistet.

Innovative Lösungen auch weiterhin gefragt

Musikschulen und Laienorganisationen haben schnell und mit grossem Engagement auf die Herausforderungen der aktuellen Krise reagiert. Es wurden alternative Unterrichts- und Probenformen wie auch Online Plattformen für Auftritte entwickelt und verbreitet umgesetzt. Damit konnten die unmittelbaren Folgen des Lockdowns zumindest teilweise abgefedert werden. Um die nachhaltigen Auswirkungen bewältigen zu können, sind weitergehende Massnahmen notwendig.

Die Musikschulen setzen nun alles daran, mit innovativen Lösungen wie flexiblen Anmeldefristen bzw. Eintrittsmöglichkeiten sowie speziellen Schnupperkursen oder wo nötig mit Fernangeboten dem Rückgang der Schülerzahlen entgegen zu wirken. Laienvereine und Chöre müssen geeignete Räumlichkeiten für Proben und Konzerte finden und sie sind gefordert, neue Konzepte zur Gewinnung von Mitgliedern und für Auftritte zu entwickeln.

Damit Singen und Musizieren weiterhin zu den häufigsten Freizeitaktivitäten der Schweizer Bevölkerung zählt und eine umfassende musikalische Bildung ohne Hürden allen offen steht, braucht es das kreative Engagement und den Willen aller Beteiligten.
 

Tag der musikalischen Bildung CH am 7. November 2020

Der Verband Musikschulen Schweiz und verschiedene Laienmusikverbände proklamieren am 7. November 2020 den Tag der musikalischen Bildung CH. Die Angebote der Musikschulen sowie der Laienmusikvereine und Chöre werden in Erinnerung gerufen und es wird auf die grosse Bedeutung der musikalischen Bildung hingewiesen. Einzelne Musikschulen und Laienmusikvereine machen am Aktionstag mit musikalischen Aktivitäten auf ihre Angebote aufmerksam. Eine Übersicht der geplanten Veranstaltungen ist auf der Aktionswebsite publiziert.

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Signet Tag der musikalischen Bildung CH

Werkbeiträge des Kantons Schwyz

Die Schwyzer Werkbeiträge werden dieses Jahr zweimal in der Sparte Musik vergeben. 30’000 Franken gehen an Marion Suter aus Rickenbach, 15’000 Franken an Aron Lötscher aus Brunnen.

Marion Suter. Foto: zVg

Die 1988 geborene Marion Suter beschreibt der Kanton als eine «herausragende Pianistin der Schweizer Volksmusikszene». Ihr musikalisches Schaffen sei geprägt durch technische Präzision, Agilität und die Pflege ihrer musikalischen Wurzeln, die sie «mit grosser Sorgfalt und Entdeckungslust in neue Kompositionen einfliessen lässt». Dabei nehme sie eine wichtige Rolle in der Wiederbelebung der volksmusikalischen Klavierliteratur ein. Mit dem eingereichten Projekt will Marion Suter sich musikalisch weiterentwickeln und den Stellenwert der Klavierliteratur in der Volksmusikszene stärken.

Der Schwyzerörgeler Aron Lötscher (geboren 1991) sei in seinem Schaffen bemüht, kontinuierlich eine eigenständige künstlerische Sprache zu entwickeln und interessiere sich für neue und unkonventionelle musikalische Wege. Es sei ihm wichtig, so der Kanton, «seine Unabhängigkeit zu bewahren und sich nicht dem kommerziell bestimmten Diktat unterstellen zu müssen». Mit seinem Projekt möchte sich Lötscher musikalisch weiterentwickeln und seinen eingeschlagenen Weg mit neuen Kompositionen und Veröffentlichungen auf verschiedenen Kanälen weitergehen.
 

Tod einer Waadtländer Musicallegende

Wie der Kanton Waadt mitteilt, ist Jean-Claude Pasche, der Gründer und Leiter des Théâtre Barnabé in Servion, im Alter von 80 Jahren verstorben.

Barnabé 2019. Foto: ©Sarkis Ohanessian

Der 1940 geborene Barnabé, mit bürgerlichem Namen Jean-Claude Pasche, studierte am Lausanner Konservatorium Gesang und war zunächst  in Lausanne aktiv, wo er für das Stadttheater Revues produzierte. In er Folge gründete er in der Familienscheune in Servion sein eigenes Theater, das nach einem Brand 1994 umgebaut werden musste. Es umfasst einen Proberaum, eine Bühnenwerkstatt und einen riesigen Bestand von über 7000 Kostümen.

Das Theater beherbergt überdies die grösste Kinotheater-Orgel Europas sowie zahlreiche mechanische Orgeln. Barnabé war der erste, der die legendäre Show «La cage aux folles» nach Europa brachte. Selber stand er auch dieses Jahr noch noch auf der Bühne.  Seit 2005 verwaltet eine Stiftung das Theater.

Taskforce Culture ist alarmiert

Die Taskforce Culture fordert, dass aktuelle staatliche Einschränkungen der wirtschaftlichen Tätigkeiten mit rascher und unbürokratischer finanzieller Hilfe abgefedert werden.

Foto: Katarzyna Kos/unsplash.com (s. unten)

Der Kultursektor könne nachvollziehen, dass zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie einschneidende Massnahmen notwendig sind, schreibt Suisseculture. Diese würden aber viele Kulturschaffende und Kulturunternehmen endgültig existenziell gefährden.

Die Taskforce Culture verlagt deshalb, dass schweizweit einheitliche Regelungen für Kulturveranstaltungen formuliert und die Kulturverbände bei der Ausgestaltung der gesamtwirtschaftlichen Massnahmen (Kurzarbeit, Corona-Erwerbsersatz) einbezogen werden. Zudem verlangt er frühzeitige Information der Kulturverbände über Pandemiemassnahmen und Einbezug bei der konkreten Umsetzung sowie rasche und unbürokratische Leistung der versprochenen finanziellen Unterstützung. 

Auch der Kultursektor wolle keine überfüllten Intensivstationen und keine Überlastung der Gesundheitsfachpersonen. Die Schweizer Kulturbranche habe seit dem ersten Lockdown die Massnahmen des Bundes engagiert umgesetzt, funktionierende Schutzkonzepte erarbeitet und konsequent angewendet. Nur selten steckten sich Menschen bei Kulturanlässen an.

Für die Kulturschaffenden (dazu gehören auch Fachpersonen im Bereich Veranstaltungstechnik), die Kulturunternehmen (zum Beispiel Veranstaltende), aber auch Zulieferer (etwa Catering-Services) werden ein erneuter Lockdown oder weitere Einschränkungen von Veranstaltungen existenziell bedrohlich.

Ganzer Text:
https://www.musikrat.ch/fileadmin/user_upload/20201024_MM_TFC.pdf

Dankbares mittelschweres Konzertstück

Der «Polnische Tanz» von Edmund Severn ist ein klangvolles Vortragsstück mit osteuropäischem Charakter.

Foto: Joel Wyncott/unsplash.com

Die schwungvolle Mazurka des amerikanischen Komponisten Edmund Severn (1862–1942) erfreut schon seit Jahrzehnten die Mittelstufenschüler und -schülerinnen der USA; jetzt ist auch eine europäische Ausgabe erschienen. Das Rondo vereint Akkordspiel, Linke- und Rechte-Hand-Pizzicato, Flageolett, tänzerische Abschnitte und melodische Linien, ohne die dritte Lage zu überschreiten

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Edmund Severn: Polnischer Tanz für Violine und Klavier, Bärenreiter’s Concert Pieces, hg. von Kurt Sassmannshaus, BA 10750, € 9.95, Bärenreiter, Kassel

 

«Kreutzersonate»

Jeden Freitag gibts Beethoven: Zu seinem 250. Geburtstag blicken wir wöchentlich auf eines seiner Werke. Heute auf die Sonate für Violine und Klavier Nr. 9 A-Dur «Kreutzer».

Welche musikalischen Möglichkeiten die Sonate für Violine und Klavier am Beginn des 19. Jahrhunderts noch immer eröffnete, wie wenig verbindlich die Behandlung der Instrumente war, geht aus dem Titelblatt zu Beethovens 1805 erschienener Sonate op. 47 hervor, der wegen ihrer Widmung sogenannten «Kreutzersonate»: Es sei eine Sonata per il Piano-forte ed un Violino obligato, scritta in un stile molto concertante, quasi come d’un concerto – eine Sonate für Klavier und obligate Violine, geschrieben in einem sehr konzertanten Stil, quasi wie ein Konzert. Bei so viel Variabilität ist es kaum ein Zufall, dass sich während des gesamten 19. Jahrhunderts (nicht nur auf die Violine bezogen) keine eigenständige Ästhetik der Sonate für Klavier und Melodieinstrument herausbildete.

Beethoven widmete die Komposition dem französischen Geigenvirtuosen Rodolphe Kreutzer, der sie allerdings nach Auskunft von Hector Berlioz nie gespielt haben soll und gar als «outrageusement inintelligible» (als «absolut unverständlich») bezeichnete. Doch auch bei den deutschsprachigen Zeitgenossen fand Beethoven nur wenig Verständnis. Vielmehr wurde ihm geradeheraus vorgeworfen, er wolle nur anders sein als die anderen: In einer Rezension der Leipziger Allgemeinen musikalischen Zeitung wird von einem «ästhetischen oder artistischen Terrorismus» gesprochen – vielleicht nachvollziehbar angesichts eines Kopfsatzes mit nicht weniger als 599 Takten. Auch der spieltechnische Anspruch wurde als sehr hoch empfunden, die Sonate selbst gar nur für bestimmte Gelegenheiten empfohlen: «wenn zwey Virtuosen, denen nichts mehr schwer ist, die dabey so viel Geist und Kenntnisse besitzen, dass sie, wenn die Uebung hinzukäme, allenfalls selbst dergleichen Werke schreiben könnten, und die eben wegen dieses oben über dem Ganzen schwebenden Geistes durch die wunderlichsten Auswüchse im Einzelnen nicht gestört werden –: wenn sich diese zusammenfinden, sich in das Werk einstudieren, (denn das müssten auch sie;) wenn sie nun die Stunde abwarten, wo man auch das Groteskeste geniessen kann und mag, vorausgesetzt, dass es mit Geist gemacht ist, und wenn sie es nun in dieser Stunde vortragen: so werden sie einen vollen, reichen Genuss davon haben.»

Die Vorstellung einer solchen musikalisch intimeren Stunde verweist unmittelbar voraus auf Leo Tolstois 1889 erschienene, Die Kreutzersonate überschriebene Novelle, in der Beethovens Komposition als Gefühls-Katalysator wirkt und die Liebe des Protagonisten in machtbesessene Eifersucht verwandelt. Ein psychologisierendes Drama über die unterdrückten emotionalen Tiefen im Bürgertum jener Zeit. Im 21. Kapitel heisst es: «Wenn sich zwei Menschen der edelsten Kunst, der Musik, widmen, muss ein bestimmtes inniges Verstehen vorhanden sein; eine solche Annäherung hat nichts Anstössiges, und nur ein dummer, eifersüchtiger Mann kann darin etwas Anfechtbares sehen. Trotzdem wissen aber alle recht gut, dass namentlich mit Hilfe dieser Beschäftigungen, besonders der Musik, ein grosser Teil Ehebrüche in unserer Gesellschaft zustande kommt.»

 


Hören Sie rein!

Engeli leitet Sachsens Landesjugendorchester

Der Schweizer Dirigent Tobias Engeli übernimt die Leitung des Landesjugendorchesters Sachsen (LJO). Er folgt in dem Amt im Herbst 2021 auf Milko Kersten. Der Vertrag läuft zunächst über zwei Jahre, mit der Option auf Verlängerung.

Tobias Engeli (Bild: Ulrike von Loeper)

Engeli absolvierte nach dem Cellostudium in Winterthur und Hamburg eine Dirigentenausbildung an der Hochschule für Musik Hamburg. Er amtet heute als Kapellmeister an der Leipziger Oper und dirigiert regelmässig das Gewandhausorchester zu Leipzig und das Orchester der Musikalischen Komödie.

Das Landesjugendorchester Sachsen ist seit 1992 die Anlaufstelle für den ambitionierten Orchesternachwuchs aus Sachsen. In zwei Probephasen im Jahr werden abwechselnd mit dem künstlerischen Leiter und ständig wechselnden Gastdirigenten auf professionellem Niveau Programme einstudiert, die alle stilistischen Bereiche abdecken.

Die einzelnen Stimmgruppen arbeiten dabei mit Dozenten aus renommierten sächsischen Orchestern zusammen, wie der Sächsischen Staatskapelle Dresden, dem Gewandhausorchester Leipzig oder der Robert-Schumann-Philharmonie Chemnitz.

 

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