Ineichen neue Luzerner Kulturleiterin

Die Dienstabteilung Kultur und Sport der Stadt Luzern wird neu von Letizia A. Ineichen geleitet. Die studierte Musikerin (Master in Chorleitung und Schulmusik) verfügt ebenfalls über einen Masterabschluss in Betriebswirtschaft und promoviert zurzeit an der Ludwigs­-­Maximilians Universität in München.

Foto: zVg/Stadt Luzern

Ineichen ist nicht nur Musikerin sondern auch ausgebildete Skilehrerin und damit in beiden Domänen ihres neuen Amtes beruflich zuhause.  Sie hat das Amt als Nachfolgerin von Rosie Bitterli Mucha angetreten, welche für die Projektierungsgesellschaft des Neuen Luzerner Theaters die Geschäftsführung übernommen hat.

Die Dienstabteilung Kultur und Sport ist das Kompetenzzentrum der Stadt Luzern für die Förderung und Unterstützung ihrer Partner aus dem Kultur- und Sportbereich. Sie fördert in diesen Bereichen Veranstaltungen, Projekte sowie Angebote und ist verantwortlich für das umfangreiche Beitragswesen.

Hilfe von der Peter-Mieg-Stiftung in der Corona-Pandemie

Die Peter-Mieg-Stiftung unterstützt Musikerinnen und Musiker, die ein Kammermusikwerk des Lenzburger Komponisten aufnehmen und online veröffentlichen.

Peter Mieg 1959. Foto: Thomas Cugini

Die Ausschreibung im Wortlaut:

«Das klassische Konzertleben liegt brach und Musikerinnen und Musiker können seit Monaten nicht mehr auftreten und damit ihren Lebensunterhalt verdienen. Die Peter Mieg Stiftung, welche sich dem Werk des von 1906 bis 1990 lebenden Komponisten widmet, möchte in diesen schwierigen COVID-19-Zeiten ein Zeichen setzen und Musikerinnen und Musiker unterstützen.

Sind Sie daran interessiert, ein Kammermusikwerk von Peter Mieg (Solo bis Quintettbesetzung) einzustudieren und Ihre Interpretation in Form eines Videos oder Audios online zu veröffentlichen?

Bitte senden Sie uns eine Email mit einem Lebenslauf und der Angabe, welches Werk Sie einstudieren/spielen möchten. Wir werden Ihnen die Noten zur Verfügung stellen und Ihnen, je nach Besetzung und Schwierigkeit, einen Honorarvorschlag machen. Informationen unter www.petermieg.ch, Mail zuhanden des Präsidenten des Stiftungsrates, Markus Hediger, an stiftung@petermieg.ch

SRF kürzt Kulturangebot

SRF Kultur streicht unter anderem die Sendung «Fiori musicali». Der «Kulturplatz» erhält weniger Geld und es wird weniger Konzertübertragungen geben. Das Schweizer Syndikat Medienschaffender (SSM) ist alarmiert.

Foto: Glen Carrie/unsplash.com (s. unten)

Analog den grossen Schweizer Verlagshäusern unterwerfe sich «die SRG der Marktlogik» und spare im grossen Stil bei der Kulturberichterstattung in allen Landesteilen, schreibt das SSM.

In der französischsprachigen Schweiz wurde die Neukonzeption des Kulturradios Espace 2 bereits im Frühjahr 2020 abgeschlossen. Auf dem früheren Kultursender läuft nun ein Musikprogramm. Audio- und Videobeiträge finden sich vermehrt Online.

Dasselbe blüht laut SSM dem Kultursender Rete Due in der italienischsprachigen Schweiz. Das aufgegleiste Projekt Lyra sieht eine radikale Neuausrichtung des kulturellen Angebots vor. Wortbeiträge sollen deutlich reduziert und Hintergrundsendungen abgebaut werden.

Auch bei SRF Kultur nehme der Abbau im Kulturbereich kein Ende; weitere Sendungen würden gestrichen (Nachtflug, fiori musicali), müssten sich neu ausrichten (Kulturplatz, Kontext) und erhielten weniger Mittel (Kulturplatz, DOK, Sternstunden etc.).

Das SSM fordert die SRG auf, den kulturellen Kahlschlag zu stoppen, die Konzession zu respektieren und das Personal besser in den Transformationsprozess miteinzubeziehen.

Originalartikel:
http://www.ssm-site.ch/ohne-kultur-wirds-still-ssm-besorgt-ueber-srg-weiten-abbau-in-der-kulturberichterstattung/

Liszt-Manuskripte restituiert

Die Klassik Stiftung Weimar hat einen weiteren Fall von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut abgeschlossen. Zwei Notenmanuskripte von Franz Liszt wurden an die rechtmäßigen Erben restituiert.

Liszt, Manuskript Festlied zu Schillers Jubelfeier (Bild: Klassik Stiftung Weimar)

Die Manuskripte gehörten bis 1937 Emma Frankenbacher, einer Bürgerin jüdischer Herkunft, deren Rechtsnachfolger die Stiftung in Argentinien ausfindig machen konnte. Sie hatte die Manuskripte 1937 verkaufen müssen und starb nach der Deportation 1942 in Theresienstadt. Nach erfolgter Restitution erwarb die Klassik Stiftung Weimar die beiden Manuskripte mit Unterstützung der Thüringer Staatskanzlei und der Freundesgesellschaft des Goethe und Schiller Archivs. Die Handschriften befinden sich nun rechtmässig im Liszt-Bestand des Goethe- und Schiller-Archivs.

Bei den Notenmanuskripten handelt es sich zum einen um eine von Liszt umfassend überarbeitete Partiturabschrift seines 1. Klavierkonzertes Es-Dur. Sie gilt als letztgültige Kompositionsfassung und diente dem Erstdruck (Wien, Haslinger 1857) als Stichvorlage. Das zweite Manuskript − eine Abschrift des «Festliedes zu Schillers Jubelfeier» − enthält eine eigenhändige Widmung Liszts.

Mehr Infos:
https://blog.klassik-stiftung.de/nur-drei-wochen-ueberlebte-sie-ihre-verschleppung/

Kultur ist einer der grössten Pandemieverlierer

Laut einer Studie des Beratungsunternehmens EY sind die Umsätze in der Kulturbranche coronabedingt um einen Drittel eingebrochen, in der Musik gar um 76 Prozent. Die Einbrüche sind noch grösser als im Tourismus und in der Automobilbranche.

Foto: Markus Spiske/unsplash.com (s. unten)

Mit einem Umsatzverlust von 31 Prozent ist die Kultur- und Kreativwirtschaft eine der grössten Verliererinnen in Europa. Noch härter trifft es bloss den Luftverkehr. Darstellende Kunst (Rückgang 90 Prozent) und Musik (Rückgang 76 Prozent) sind am stärksten betroffen; Bildende Kunst, Architektur, Werbung, Bücher, Presse und Audiovisuelles gingen im Vergleich zu 2019 um 20 bis 40 Prozent zurück. Am härtesten getroffen werden Zentral- und Osteuropa (minus 36 Prozent in Litauen bis minus 44 Prozent in Bulgarien und Estland).

EY sieht drei Herausforderungen: Erstens seien nun massive öffentliche Mittel und Förderung privater Investitionen in kulturelle und kreative Unternehmen gefragt. Zweitens müsse die Förderung des diversifizierten Kulturangebots der EU durch einen soliden Rechtsrahmen angeregt werden. Drittens müsse das Potential der Kultur- und Kreativwirtschaften genutzt werden, um den gesellschaftlichen und ökologischen Wandel Europas voranzutreiben.

Link zur Studie:
https://www.france-creative.org/wp-content/uploads/2021/01/6_panorama_icc_europe_2021.pdf

In der Pandemie boomt Online-Unterricht

Der Verband Musikschulen Schweiz und die Hochschule Luzern – Musik haben im Rahmen eines Forschungsprojekts die jüngsten Entwicklungen im Bereich des netzbasierten Instrumental- und Vokalunterrichts untersucht.

Foto: Soundtrap/unsplash.com (s. unten)

In einem Teilprojekt wurden laut einem Newsletter des Verbandes Musikschulen Schweiz (VMS) im August und September 2020 Musiklehrpersonen über den Unterricht während des Lockdowns befragt. 1462 Musiklehrpersonen haben sich an der Umfrage beteiligt.

Die ersten Auswertungen zeigen, dass im Lockdown lediglich 14 Prozent des Grossgruppenunterrichts durch eine Form des Fernunterrichts in vollem Umfang ersetzt wurden, was aufgrund der technologisch bedingten Grenzen des Zusammenspiels (Latenz der Datenübertragung) nicht erstaunt.

Beim Einzelunterricht für Kinder und Jugendliche wurden jedoch 80 Prozent des Unterrichts in vollem Umfang durch Fernunterricht ersetzt, 17 Prozent in reduziertem Umfang und lediglich 3 Prozent des Unterrichts fanden in stark reduziertem Umfang oder gar nicht statt.

Bei den Lernenden wiederum stiess der Fernunterricht auf Akzeptanz. Rund 80 Prozent der Musiklehrpersonen gaben an, dass über drei Viertel der Lernenden regelmässig am Fernunterricht teilgenommen haben. Nach Einschätzung der Musiklehrpersonen haben zudem 44 Prozent der Lernenden des Einzelunterrichts mehr geübt als zu normalen Zeiten. Die Übe-Zeiten von Lernenden in Gruppenangeboten waren entsprechend des hohen Ausfalls des entsprechenden Unterrichts jedoch deutlich geringer als vor den pandemie-bedingten Einschränkungen.

Originalartikel:
https://www.verband-musikschulen.ch/de/newsletter/newsletter_01_2021_Forschung

Fichtenholz verlässt Opernhaus Zürich

Einer Mitteilung des Onlinemagazins Slipped Disc ist zu entnehmen, dass Michael Fichtenholz das Amt als Zürcher Operndirektor auf Ende der Saison abgeben wird.

Foto: Andrin Fretz/Opernhaus Zürich

Der 1978 in Moskau geborene Fichtenholz folgte in Zürich auf Sophie de Lint. Zuvor war er Operndirektor am Badischen Staatstheater Karlsruhe und künstlerischer Leiter der Internationalen Händel-Festspiele Karlsruhe. Slipped Disc geht davon aus, dass  Fichtenholz den Draht zu jüngeren Ensemblemitgliedern nicht gefunden hat. 

Das Opernhaus Zürich ist zur Zeit faktisch geschlossen. Aufgrund der Coronakrise finden bis mindestens Ende Februar 2021 keine Vorstellungen mit Publikum mehr statt. Stattdessen macht es einige Produktionen, darunter Bellinis «I Capuleti e I Montecchi» und Glucks «Orphée et Euridice» online verfügbar.

Originalartikel:
https://slippedisc.com/2021/01/exclusive-zurich-loses-artistic-director/

Musik muss stattfinden

Das 7. Mizmorim Festival widmete sich unter dem Titel «Bohemian Rhapsody» der tschechischen Musik. Die Veranstaltung wurde in stark reduziertem Umfang gestreamt.

Aufführung von Erwin Schulhoffs «Concertino». Foto: Benedek Horváth / Mizmorim Festival

Als Anfang Dezember klar wurde, dass Konzerte mit Publikum bis auf Weiteres nicht würden stattfinden dürfen, entschieden sich die Veranstalter ziemlich schnell für einen Livestream. Verschieben war keine Option. Auch von einer Absage wollte niemand etwas wissen, denn damit wäre eine monatelange, intensive Vorbereitungsarbeit vergeblich gewesen. «Musik muss stattfinden», betont die künstlerische Leiterin Michal Lewkowicz und verlangte damit dem Organisationsteam und den Ausführenden kurzfristig viel Flexibilität ab. Natürlich konnte das Geplante nicht eins zu eins übernommen werden. Viele Musikerinnen und Musiker konnten aufgrund von Quarantänebestimmungen oder Krankheit nicht anreisen. Von sieben Konzerten und zwei Familienvorstellungen blieben vier Konzerte übrig, die alle am 24. Januar stattfanden, das Publikumsgespräch wurde verschoben. Die Programme mussten neu zusammengestellt und etliche Werke von Dvořák, Janáček, Martinů, Ullmann, Pavel Haas, Gideon Klein, Marcelo Nisinman und Krištof Mařatka ganz gestrichen werden. Neu ins Programm aufgenommen wurden dafür Osvaldo Golijovs Lullaby & Doina für Flöte, Klarinette, Violine, Viola, Violoncello und Kontrabass – ein lohnendes Wiederhören mit diesem originellen Komponisten, dessen The Dreams and Prayers of Isaac the Blind, für Klarinette und Streichquartett (Festival 2015) und Liederzyklus Ayre, (CH-Erstaufführung, Festival 2018) noch in starker Erinnerung sind. Hinzu kam ausserdem Janáčeks Sonate für Violine und Klavier, welche in der Interpretation von Ilya Gringolts und Benedek Horváth zu einem der Höhepunkte des Festivals wurde.

Stream mit Stockungen

Die Bildregie gehörte zu den Pluspunkten der Übertragung. Auch die Tonqualität war einwandfrei, doch stellte sich, wohl aufgrund fehlender Umgebungsgeräusche, das Gefühl einer eigentümlichen Sterilität und Künstlichkeit ein. Auf die gezwungen wirkenden Verbeugungen am Ende der Darbietungen hätte man gerne verzichtet. Geärgert haben den Schreibenden die häufigen «Ladehemmungen», verursacht durch ein überfordertes Internet, was das Hörvergnügen empfindlich schmälerte (da empfiehlt es sich, die Konzerte nachzuhören, was das Problem meist entschärft).

Trotz allem wurde das Festival, auch unter diesen erschwerten Bedingungen, seinem Grundsatz gerecht, ein vielfältiges, für alle zugängliches Programm bereitzustellen. Oder wie es Michal Lewkowicz ausdrückt: «Es gibt Leute, die kommen ins Konzert, weil sie gerne tolle Musik hören; andere, weil sie gerne tolle Künstler hören. Dann gibt es Leute, die sich wirklich für diese Schwerpunktthemen interessieren. Ich will das alles anbieten.» Das Festival beschränkt sich nicht auf jüdische Werke. Im aktuellen Programm gehören die tschechischen Komponisten Janáček und Dvořák denn auch selbstverständlich dazu. Auch stilistisch und zeitlich gibt es keine Scheuklappen. Gespielt wird, was zum Thema gehört und einem hohen Qualitätsanspruch genügt.

Kontinuität und Qualität

Moderator Moritz Weber konnte einige neue und viele schon aus früheren Festivals bekannte Künstlerinnen und Künstler ansagen und viel informatives Bonusmaterial präsentieren.

Menachem Wiesenberg schlägt in seiner Klezmer Suite eine Brücke zwischen dem volkstümlichen Klezmer und der Klassik. Die Uraufführung der Neufassung für Klarinette, Viola, Kontrabass und Klavier wurde gespielt unter der Führung des stupenden Klarinettisten Chen Halevi. In den drei jiddischen Liedern von Viktor Ullmann, entstanden 1944 im Konzentrationslager Theresienstadt, gelang es der Sopranistin Aurea Marston eindrücklich, ihre voluminöse Stimme in den Dienst des Volksliedhaften zu stellen und zugleich mit emotionaler Tiefe zu verbinden. Cornelia Lenzin verlieh ihrer Begleitung ein einfühlsames Profil. Die beiden Musikerinnen hinterliessen auch in den beiden komplexen Liedern des Literaten und Musikers Max Brod, Tod und Paradies nach Texten seines Freundes Franz Kafka, einen starken Eindruck. Die Gewinnerin des zweiten Kompositionswettbewerbs, Eleni Ralli, skizziert in ihren 5 Mysterious Scenes für Solovioline Personentypen im Spannungsfeld von Stabilität und Labilität. Ilya Gringolts entfaltete ein höchst differenziertes Klangspektrum. Das Concertino für Flöte (Matvey Demin), Viola (Silvia Simionescu) und Kontrabass (Ute Grewel) von Erwin Schulhoff geriet zu einem virtuosen und schwungvollen Feuerwerk. Für die Aufführung von Antonín Dvořáks Notturno H-Dur op. 40 für Streichorchester brachte Ilya Gringolts einige seiner Studierenden mit auf die Bühne – die Nachwuchsförderung gehört auch zum Festivalkonzept.

Zu guter Letzt stand ein erlesenes Jazzkonzert auf dem Programm. Das Basler Vein-Trio verband böhmische Klänge mit seiner persönlichen Tonsprache. Themen, etwa aus Dvořáks 9. Sinfonie und Smetanas Klavierstück Pensée fugitive sowie sinnigerweise aus der Bohemian Rhapsody der Rockgruppe Queen, wurden zitiert, in Jazzharmonien überführt und in gekonnten Improvisationen variiert.

Mizmorim hat 2021 Corona die Stirn geboten und wird hoffentlich in einem Jahr wieder in analoger Form zu geniessen sein. Die Konzerte sind bis am 27. Januar auf www.mizmorimfestival.com nachzuhören.

Morel Poyé unterrichtet in Zürich Querflöte

Die Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) freut sich, Sabine Morel Poyé in ihrer neuen Funktion als Hauptfachdozentin Querflöte bekannt zu geben. Bislang war sie im Nebenfach Orchesterstellen tätig. An der Tonhalle Zürich ist sie Soloflötistin.

Sabine Morel Poyé (Bild: zVg)

Sabine Poyé Morel wurde in Tours, Frankreich, geboren und studierte Flöte bei Isabelle Ory-Grangeponte und am Conservatoire National Supérieur de Musique de Paris in der Klasse von Pierre-Yves Artaud.

Poyé Morel ist Gewinnerin von Flötenwettbewerben in Bukarest und Bayreuth und war Preisträgerin beim Internationalen Wettbewerb Syrinx in Riva del Garda und in Genf. Sie war Mitglied des Orchesters Français des Jeunes unter der Leitung von Marek Janowski und wurde 1998 zur Solo-Flötistin des Orchestre de l’Opéra national de Lorraine ernannt. Seit 2002 ist sie Solo-Flötistin des Tonhalle Orchesters in Zürich.

Deutsche Coronahilfen sollen verlängert werden

Laut dem Deutschen Musikrat sind fast sämtliche Corona-Hilfsprogramme für die Kultur in Deutschland überzeichnet. Er verlangt eine Aufstockung und Verlängerung der Mittel und eine Anpassung und Entbürokratisierung der Hilfen.

Foto: Christa Dodoo/unsplash.com (s. unten)

Der erneute Lockdown seit Anfang November 2020 habe, so der Deutsche Musikrat, unter anderem durch das faktische Arbeitsverbot für zahlreiche Akteurinnen und Akteure im Musikbereich, zu einem Stillstand der Musikwirtschaft geführt. Nachdem anfangs die von der Bundesregierung angekündigten Überbrückungshilfen aufgrund ihrer strengen Antragsregularien weite Teile des professionellen Musiklebens und insbesondere die Soloselbstständigen ausschlossen, hat die Bundesregierung nun Nachbesserungen angekündigt.

Dazu gehört unter anderem die Verdopplung der Betriebskostenpauschale für Soloselbstständige im Rahmen der Neustarthilfe auf 50 Prozent ihres Referenzumsatzes von 2019, wie dies auch der Deutsche Musikrat gefordert hat. Problematisch bleiben aber das komplexe Antragsverfahren und Verzögerungen bei der Auszahlung. Von den veranschlagten 15 Milliarden Euro an Wirtschaftshilfen wurden bisher nur 1,2 Milliarden Euro ausgezahlt.

Die Kriterien der Überbrückungshilfe II wurden rückwirkend zum Nachteil vieler Unternehmen geändert, da das EU-Beihilferecht in der ursprünglichen Fassung nicht genügend berücksichtigt worden war. Auch für die November- und Dezemberhilfen wird es für grosse Unternehmen unter Umständen Nachkorrekturen geben. Diese rückwirkenden Änderungen der Antragsregularien führen dazu, dass manchen Firmen zum Teil erhebliche Rückzahlungen drohen.

Treffen Bersets mit der Kulturbranche

Der Vorsteher des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI), Alain Berset, hat sich heute mit einer Delegation von Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Kultursparten zu einem Austausch getroffen.

Bild: S. Hofschlaeger/pixelio.de (s. unten)

Die Vertreterinnen und Vertreter der Kulturwelt konnten laut der Medienmitteilung des Bundesrates den EDI-Vorsteher über die konkreten Probleme in Kenntnis setzen, mit denen die Branche konfrontiert ist. Ebenfalls thematisiert wurden die gesamtwirtschaftlichen Massnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie, die dem Kulturbereich ebenfalls zur Verfügung stehen. Zu diesem Zweck waren nebst dem Bundesamt für Kultur (BAK) und der Kulturstiftung Pro Helvetia ebenfalls das Bundesamt für Gesundheit (BAG), das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) sowie das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) an der Diskussion vertreten.

Bei der letzten Revision des Covid-19-Gesetzes im Dezember 2020 wurde das zunächst auf Kulturunternehmen beschränkte Instrument der Ausfallentschädigungen auf Kulturschaffende ausgeweitet. Gleichzeitig wurden die Einkommens- und Vermögensgrenzen erhöht, bis zu welchen Kulturschaffende Anspruch auf eine Nothilfe haben. Die Ausweitung der Kurzarbeitsentschädigung auf befristete Anstellungsverträge ist eine weitere Massnahme, die insbesondere für den Kultursektor von grosser Bedeutung ist.

Eine verbindliche Perspektive zur Wiedereröffnung von Kulturinstitutionen oder zur erneuten Zulassung von Kulturveranstaltungen lässt sich laut dem Bundesrat leider derzeit nicht geben. Eine schrittweise Wiedereröffnung hänge von zahlreichen Variablen ab, wie die Fortschritte bei der Durchimpfung, die Verbreitung der neuen Covidmutationen und die Einhaltung der sanitarischen Massnahmen. Der Bundesrat evaluiere die epidemiologische Situation laufend. Sollten in den kommenden Monaten Lockerungen möglich sein, werde dies voraussichtlich etappenweise und je nach Art und Grösse der Veranstaltung erfolgen.

Zur Finanzierung des Massnahmenpakets zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen für den Kultursektor im Jahr 2020 hat der Bundesrat Mittel in der Höhe von 280 Millionen Franken zur Verfügung gestellt. Am 25. September hat das Parlament einer Weiterführung der Massnahmen im Rahmen des Covid-19-Gesetzes zugestimmt und für das Jahr 2021 Mittel in der Höhe von 130 Millionen Franken gesprochen.

Originalartikel:
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-82101.html

Provinzkaff Boomtown

Jürg Odermatt und David Moore habe ihre Hassliebe zum Aufwachsen in der Provinz in einem multimedialen Package gefasst.

Coverbild

Sogenannte Konzeptalben kommen selten gut. Oft ersticken sie unter dem Ballast der Ambitionen von Künstlern und Künstlerinnen, die unter einer inflationären Vorstellung vom Tiefgang ihrer Einsichten leiden. Aber es gibt Ausnahmen, und eine besonders feine Ausnahme bildet das vorliegende Multimedien-Konzeptalbum zum Thema «Neuhausen am Rheinfall». Das Projekt begann mit der Idee für eine lockere Zusammenarbeit von zwei Stammgästen im Schaffhauser Musikklub TapTab, nämlich Jürg Odermatt von der Gitarrenband Papst & Abstinenzler und David Moore alias Electronica-Tüftler Kneubühler und Herr Mehr. Herausgekommen ist eine charmante Bezeugung von Hassliebe ans Aufwachsen in der Provinz in der Form einer «Package», zu der nicht nur ein Tonträger, sondern auch ein Büchlein mit Musik, Texten, Fotos, Collagen und Zeichnungen von befreundeten Künstlerinnen und Künstlern gehören.

Als raffinierten (schaffhauserdeutscher) Texter interessieren Odermatt die Details am Rande, zum Beispiel die lokale Trolleybus-Route, die bei einem Friedhof anfängt und bei einem anderen Friedhof aufhört – und dass die Diskothek, wo er selber einst die ersten Tanzschritte wagte, Terminus hiess. Andere Stücke sind einer Eisenbrücke gewidmet oder dem letzten Mann, der am Galgen auf dem Hügel gehängt wurde, oder dem Hotel Schweizerhof, wo Kaiserin Sissi einmal abgestiegen ist. Ähnlich lakonisch und sanft ironisch wie der Projekttitel klingen die Töne, welche diese Schilderungen begleiten. Sie bestehen aus filmischen, beat- und bassgetriebenen Klangcollagen, die sich zwischendurch auch einen feisten Disco-Groove oder einen Ohrwurm (Trolleybus, Chaltfront) gönnen. Die Bilder, die teils dokumentarischen, teils metaphorischen Charakter haben, vertiefen unser Verständnis für die Materie – und Odermatts Essay Kindheit im Kaff bildet quasi die Kirsche auf einem in der Tat köstlichen Coupe.

Image

Boomtown: Boomtown (Jürg Odermatt und David Moore). Label: Dalli Dall.
Album:
https://boomtown.bandcamp.com/releases
Buch:
https://boomtown.bandcamp.com/merch/boomtown-buch

Bagdasarjanz in Amerika

Die University of Missouri-Kansas City porträtiert im Rahmen ihres Onlineprojekts «Shining a light» die Schweizer Geigerin Ursula Bagdasarjanz.

Bild: Screenshot der Plattform «Shining a light»

Aus den 1960-Jahren gibt es zahlreiche Radioaufnahmen mit Ursula Bagdasarjanz. Sie gehörte «zu den besten Geigerinnen ihrer Zeit in der Schweiz» und brauchte «den Vergleich mit der damaligen internationalen Konkurrenz nicht scheuen.  Ausserdem machte sie sich um das Schweizer zeitgenössische Erbe verdient und hinterliess zwei bemerkenswerte Lehrbücher für Violintechnik.» (SMZ 10/2006, S. 44) 

2006 sind einige dieser Radioaufnahmen auf vier CDs vom Dübendorfer Verband Schweizer Musikschaffender (VSM) publiziert worden. Der Verband, der sich für die Förderung unbekannter Musiker einsetzte, wurde 2008 aufgelöst.

Ebenfalls 2008 hat VDE Gallo diese Aufnahmen nachbearbeitet veröffentlicht. Darunter sind Bagdasarjanz‘ Referenzaufnahmen der Kompositionen Othmar Schoecks für Violine. 2011 kam eine weitere CD dazu. Darauf sind u.a. ihre Sept poésies pour Violon et Piano zu hören. Die Geigerin wurde später von Radio SRF und vor allem auch in Amerika mehrfach gewürdigt, was auf ihrer Website dokumentiert ist.
Kürzlich nun wurden die Sept poésies in die Bestände der Bibliothek der University of Missouri-Kansas City aufgenommen. Über das auf der Plattform Shining a light: 21st Century Music from Underrepresented Composers veröffentlichte Kurzporträt der Geigerin kann man die Stücke anhören, eine Notenseite einsehen und – wohl vor allem für amerikanische Musikfans geeignet  – die Noten ausleihen.

Auf Shining a light porträtiert die Bibliothek weniger bekannte Komponistinnen und Komponisten mit ihrer Musik aus dem 21. Jahrhundert.

Esther Roth gewinnt Beethoven-Wettbewerb

Esther Roth hat den Kompositionswettbewerb Beethoven 2020 der Société Philharmonique de Bienne (SPB) gewonnen. Sie setzte sich gegen 21 weitere Bewerber durch. Gefragt: ein Streichquartett, das einen Bogen von Beethoven zum eigenen Kompositionsstil schlägt.

Esther Roth. Foto: zVg

Esther Roth wurde 1953 in Zürich geboren und lebt heute in Gontenschwil. Sie hat sich nicht nur als Musikerin und Komponistin einen Namen gemacht, sondern auch als Performerin, Malerin und Modedesignerin. Ihre Komposition mit dem schlichten Titel «Streichquartett» hat die Jury laut der Medienmitteilung «durch ihre persönliche Sprache und das hohe handwerkliche Niveau überzeugt». Das geschaffene Gleichgewicht zwischen der kompositorischen Idee, der Referenz an Beethoven, der gewählten Form und ihrer Entwicklung, drückten sich aus «in zarter und verhaltener Poesie».

Die Jury war mit Michael Jarrell, Beat Furrer und Giorgio Battistelli besetzt. Als besonders erwähnenswert beurteilte sie neben Roths Werk die Komposition «Beethoven for ever» des Komponisten und Dirigenten Michel Tabachnik. Das Werk von Esther Roth wird vom Quartett Sine Nomine anlässlich des Konzerts der SPB am 9. Mai 2021 um 17.00 Uhr in der Pasquart-Kirche uraufgeführt.
 

Einblick in die Proben zur Uraufführung

Dank der Manuskriptfassung von Robert Schumanns Streichquartetten op. 41 kann der Überarbeitungsprozess vor der Drucklegung nachvollzogen werden.

Ferdinand David 1846. Lithografie von Georg Weinhold: Digitaler Porträtindex

Robert Schumann tat sich bekanntlich äusserst schwer damit, nach Beethovens und Schuberts bedeutendem Gattungsbeitrag eigene Streichquartette auf Papier zu bringen. Mehrmals nahm er dazu Anlauf, da ihn die vierstimmige Streichereinheit überaus faszinierte. Als Pianist aber, der kein Streichinstrument studiert hatte, schien ihm lange der etablierte Anspruch zu hoch, das Ziel zu weit gesteckt. Clara Schumanns Motivation und Felix Mendelssohns Vorbild, der die Herausforderung mit eigenen Werken annahm, führten schliesslich 1842 zum fast im Rausch und innerhalb kürzester Zeit entstehenden Dreigestirn des Opus 41. Darin zeigt Schumann – ebenso wie in den Sinfonien – den kompositorischen Ausweg aus der durch Beethoven ausgelösten Schockstarre der Zeitgenossen und der direkt nachfolgenden Komponistengeneration. Die ästhetische Ausrichtung zum Kern der Hochromantik, die formale, harmonische und strukturelle Zwänge immer weiter hinter sich lässt, eröffnet dem Streichquartett jene Renaissance, die Mendelssohn bereits vor 1826 beherzt in Angriff genommen hatte.

Die hier bei Breitkopf & Härtel im Neudruck vorgestellte Manuskriptfassung erlaubt einen Blick in die Kompositionswerkstatt Schumanns. Im Zuge der Ersteinstudierung der drei Werke durch das Quartett des Geigers Ferdinand David, das dafür die nur unbegreiflich kurze Zeit von fünf Tagen bis zur Uraufführung im privaten Rahmen benötigte, griff Schumann an zahlreichen Stellen in die Partitur ein, um unterschiedlichste Unausgewogenheiten auszugleichen, die sich im Verlauf der Arbeit als unbefriedigend erwiesen hatten. Darüber hinaus verbesserte er die Spielbarkeit, vermied unbequeme Doppelgriffe, Stricharten, Phrasierungs- und Spieltechniken. Bemerkenswert im a-Moll-Quartett sind die ursprüngliche Verwendung von Dämpfern im einleitenden Andante espressivo, später gestrichene Verdoppelungssechzehntel im nachfolgenden Scherzo, Verzierungsvorschläge im Adagio, eine Kürzung im Presto. Deutlich mehr kürzte Schumann im Variationssatz des zweiten, des F-Dur-Quartetts, auch im Scherzo fällt eine Wiederholung weg. Interessant in Opus 41/3 ist ein gestrichener zusätzlicher Takt am Anfang der Einleitung des ersten Satzes, der den Einstieg der ersten Violine verzögert hatte. Auch ein beim Cello stehendes Pizzicato in jenem berühmt-berüchtigten, weil vertrackten Seitenthema des ersten Satzes fiel weg. Typisch für einen Pianisten schreibt Schumann unmöglich lange Bögen, die aber in dieser Ausgabe als gute Vorlage für intelligentes Phrasieren dienen und lediglich einer praktikableren Aufteilung bedürfen, die die Vorgaben des Komponisten im Sinn behält.

Insgesamt erstaunt dennoch, wie wenig Abweichungen da sind. Bei Beethoven fielen die Änderungen in Zusammenarbeit mit dem Schuppanzigh-Quartett deutlich umfangreicher aus. Aus heutiger Sicht schwer nachvollziehbar, musste Schumann bei seinem Verleger mehrfach insistieren, damit neben den Stimmen auch eine Partitur verlegt wurde, die die Erarbeitung der komplexen und vielschichtigen Werke erleichtern sollte. Die leider nur in diesem einen Jahr entstandenen Quartette bleiben auch heute noch eine grosse Herausforderung für jedes Ensemble.

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Robert Schumann: Streichquartette op. 41 Nr 1–3, Manuskriptfassung, hg. von Nick Pfefferkorn; Stimmensatz, EB 32032, € 37.90; Studienpartitur, PB 32032, € 23.50; Breitkopf & Härtel, Wiesbaden

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