Fantastischer DV-Tag bei strahlendem Sommerwetter in Sarnen

100 Delegierte und Gäste genossen am 17. Juni bei strahlendem Wetter einen abwechslungsreichen und informativen DV-Tag in Sarnen. Alle traktandierten Geschäfte wurden ohne Gegenstimmen gutgeheissen.

Aus der ganzen Schweiz reisten am Samstag, 17. Juni rund 100 Personen in die Innerschweiz, um an der 103. Delegiertenversammlung des EOV teilzunehmen. Mit einer fröhlichen Generationen-Matinée wurden die Orchesterdelegierten und weiteren Gäste in Sarnen willkommen geheissen. Der gastgebende Orchesterverein Sarnen präsentierte zusammen mit dem Ensemble Vivace, dem Jugendorchester und den kleinsten Suzuki-Schüler:innen der Musikschulen Obwalden ein kurzweiliges Programm.

Nach dem Mittagessen ging der kurze statutarische Teil der Delegiertenversammlung, souverän geleitet von Vizepräsidentin Bernadette Wiederkehr, reibungslos über die Bühne. Das Protokoll der DV 2022, der Jahresbericht des Präsidenten, die Jahresrechnung mit Revisorenbericht sowie das Budget 2023 wurden von den 78 Stimmberechtigten aus 53 Orchestern ohne Gegenstimmen angenommen. Auch einer minimalen Statutenänderung, die den Sitz des Verbandes neu auf Bern festsetzt und nicht mehr vom Wohnort des Präsidenten abhängig macht, wurde diskussionslos zugestimmt.

Danach bildeten sich die Delegierten und Gäste in interessanten Instrumentenpflege-Workshops weiter oder lernten den malerischen Hauptort Obwaldens bei einem spannenden Dorfrundgang besser kennen.

Abschluss mit gemütlicher Schifffahrt
Den ereignisreichen Tag liessen die Delegierten schliesslich mit einer gemütlichen Rundfahrt auf dem eigens vom EOV gemieteten Schiff «Seestern» auf dem Sarnersee ausklingen. Bei einem feinen Apéro tauschten sich die Delegierten im ungezwungenen Gespräch aus und genossen das prächtige Sommerwetter und die atemberaubende Landschaft.

Wir danken dem Organisator:innen-Team vom Orchesterverein Sarnen und den DV-Verantwortlichen vom EOV-Vorstand ganz herzlich für ihren grossen Einsatz und den rundum gelungenen Anlass. Die nächste DV wird im Frühling 2024 in Chur stattfinden. Das genaue Datum werden wir zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgeben.

Musik-Kurswochen Arosa mit 1250 Anmeldungen

Mitte Juni startet die 37. Ausgabe der Musik-Kurswochen Arosa. Bereits haben sich 1250 Teilnehmende zu den rund 130 Kurswochen angemeldet. Und täglich werden es mehr.

Besonderer Beliebtheit erfreuen sich Kurswochen für Volksmusik, Alphorn und Böhmische Blaskapelle. Wer noch einen Kurs besuchen möchte, findet auf der Internetseite musikkurswochen.ch alle Informationen zu den Kursen, Anmeldung und freien Plätze. Einige Kurse sind bereits ausgebucht.

20 verschiedene Meisterkurse Arosa

Unter dem Label «Meisterkurse Arosa – Masterclasses Arosa» bündelt Arosa Kultur alle jene Kurse der Musik-Kurswochen Arosa, die das Niveau von Meisterkursen anbieten. Insgesamt sind es rund 20 Einzelkurse für verschiedene Instrumente. Ein spezielles Angebot innerhalb der Meisterkurse ist die «AROSA MUSIC ACADEMY», welche Einzelunterricht mit intensivem Kammermusikunterricht kombiniert. 

Als Dozierende bei den Meisterkursen sind bekannte Musikerinnen und Musiker wie Maurice Steger, Simon Fuchs, Priya Mitchell, Lars Mlekusch, Markus Fleck, Sarah O‘Brien und viele andere tätig.

Attraktive Auszeichnungen für Teilnehmende der Meisterkurse

Arosa Kultur hat für Teilnehmende der Meisterkurse attraktive Auszeichnungen geschaffen. Der Hans-Schaeuble-Award wird an maximal neun Teilnehmende vergeben. Ein Award beinhaltet ein Konzertengagement im Rahmen des Festivals Arosa Klassik im darauffolgenden Winter. Dabei bietet Arosa Kultur die Möglichkeit für kammermusikalische Auftritte mit renommierten Musikern. 

Der Award kann dank der finanziellen und ideellen Unterstützung der Hans Schaeuble Stiftung vergeben werden. 

Die Stiftung Villa Musica aus Rheinland-Pfalz DE vergibt attraktive und begehrte Stipendien an ausgewählte Musik-Studentinnen und Studenten. Teilnehmende der arosa music academy für Streicher bekommen die Möglichkeit für ein exklusives Vorspiel für ein Stipendium der Villa Musica. 

Alle Informationen zu den Meisterkrusen gibt es unter masterclassesarosa.ch.

Kultursommer Arosa mit breitem Kulturangebot

Diesen Sommer zeigt Arosa Kultur gleich zwei Ausstellungen: «Uff än Ggaffi» im Heimatmuseum Arosa stellt 15 Frauen aus dem Schanfigg vor und «Vo Plumpa und Schella» in einem Stall unterhalb des Bergkirchli präsentiert die Glockensammlung des Aroser Bergbauern Markus Lütscher und deren Verwendung im Jahresrhythmus. 

Auch das musikalische Programm ist vielfältig und hochstehend. Lieder aus Neapel, Volkslieder aus den Bergen, Churer Hardrock, Volksmusik, Lesungen, klassische Musik und die französische Operette «Le dernier sorcier» laden zum Geniessen ein.

Jeden Dienstag vom 20. Juni bis am 10. Oktober finden um 17 Uhr die Dienstags-Konzerte statt mit vielen Bündner Musiker*innen und Kursleiter*innen der Musik-Kurswochen Arosa.

Sympathisch: Bei einigen Veranstaltungen ist die Bahnfahrt Chur-Arosa-Chur im Ticket inbegriffen. Und bei schönem Wetter finden viele der Veranstaltungen auf der Open-Air Waldbühne Arosa statt. 

Ebenfalls auf der Waldbühne finden im Juli und August jeweils montags die Kinderanlässe von Arosa Kultur statt. 

Tickets für den Kultursommer können reserviert werden:

+41 (0)81 353 87 50 oder ticketing@arosakultur.ch.

 Alle Informationen sind auf www.arosakultur.ch zu finden.

Einfluss von künstlicher Intelligenz in der Musik

Die Entwicklung von künstlicher Intelligenz (kurz KI) beeinflusst die Entwicklung unserer Gesellschaft schon seit geraumer Zeit. Doch tut sie dies auch in der Musik und im Musik-Studium?

Bild: Damien Geso/depositphotos.com

Auch wenn wir uns dessen sehr oft nicht bewusst sind, wird KI-Technologie bereits in zahlreichen Bereichen unseres täglichen Lebens eingesetzt, so u.a. in der Kommunikation, der Arbeitswelt, dem Gesundheitswesen, dem Transportwesen oder dem Unterhaltungssektor. Und es ist sehr wahrscheinlich, dass diese Technologie in Zukunft verstärkt zur Lösung verschiedener Herausforderungen unserer Gesellschaft beitragen wird, wie z.B. dem Klimawandel oder der Steigerung der wirtschaftlichen Produktivität.

In aller Munde ist KI jedoch seit Dezember 2022, als das US-amerikanische Unternehmen OpenAI die Internetplattform ChatGPT online stellte. ChatGPT versteht, was ein Benutzer in Textform schreibt, ist lernfähig, beantwortet Fragen oder schreibt Textpassagen mit natür-lich klingenden, nahezu fehlerfreien Konversa-tionen in Echtzeit.

Rasante Entwicklung

Zur Zeit befindet sich die Entwicklung jedoch noch in einem frühen Stadium, sodass man den inhaltlichen Aussagen von ChatGPT mit äusserster Vorsicht Glauben schenken sollte, da diese gemäss Aussagen verschiedener KI-Experten in einem Bereich zwischen «brillant» und «atemberaubend dumm» liegen. Aber bei der rasanten Entwicklung ist davon auszugehen, dass sich dies sicherlich schnell ändern wird.

Und spätestens, nachdem im Januar 2023 bekannt wurde, dass ChatGPT an einer Elite-Uni einen Master of Business Administration (MBA) mit einer genügenden Note bestanden haben soll, wird nicht nur an Universitäten und Hochschulen rege diskutiert, wie man mit dieser neuen Herausforderung umgehen soll.

Lösungsansätze sind unterschiedlich: da, wo KI per Reglement als Hilfsmittel nicht gänzlich verboten wird, muss z.B. deren Einsatz transparent dokumentiert werden und die Eigenständigkeitserklärung wird um den Hinweis ergänzt, dass KI lediglich als Hilfsmittel und nicht zur Lösungsfindung verwendet wurde.

Einmal abgesehen vom sicherlich spannenden philosophischen Diskurs um den Ursprung einer Idee, (resp. hier der Lösung eines Problems) beim Einsatz von KI, dürfte der Nachweis, dass sich jemand nicht an diese Vorgabe gehalten hat, (zumindest im Moment) recht schwierig sein.

Denn es ist z.B. noch nicht gesichert, ob eine entsprechend weiterentwickelte Plagiats-Software erkennen können wird, ob ein Text selber geschrieben, oder von einem «Ghostwriter», was KI in diesem Falle ist, generiert wurde.

Ob es sich tatsächlich um eigene Arbeiten und eigene Gedanken von Studierenden handelt, wird eine Prüfungskommission wohl am ehesten in einem rein persönlichen, wissenschaftlichen Fachgespräch (dem sog. Kolloquium) herausfinden. 

KI im Musikstudium

Wie aber könnte KI – einmal abgesehen von deren Einsatz in theoretischen Fächern eines Musikstudiums oder zum Verfassen eines CD-Booklets oder Konzertprogrammes – die Musik direkt beeinflussen?

Um das Publikum mit einer Live-Performance an einem Konzert zu berühren, brauche ich als Musiker primär zwei Dinge: Gefühle und eine ausgereifte Instrumental- oder Gesangs-Technik, die es mir erlaubt, meine Gefühle zum Ausdruck zu bringen.

Dass eine Maschine in der Lage sein wird, z.B. eine Interpretation einer Chopin Etüde von einem menschlichen Vorbild zu kopieren und diese technisch und musikalisch hochstehend nachzuspielen, scheint wahrscheinlich.

Doch damit wird höchstens eine gute Kopie ohne eigenständige, künstlerische Aussage und Vision geschaffen. Und nicht zu vergessen: das Publikum will auch am echten Leben von echten Musiker:innen teilhaben. 

Wie sieht es in der Komposition aus? Bereits heute gibt es einige Kompositions-Maschinen (wie z.B. AIVA), die mit unzähligen Musik-Daten gefüttert wurden und die in der Lage sind, die Schlüssel-Strukturen der Musik (also Rhythmus, Melodie und Harmonie) zu analysieren und Notenfolgen zu generieren, die statistisch am wahrscheinlichsten sind – mit teilweise erstaunlichem Ergebnis.

Aber statistische Wahrscheinlichkeit wird immer nur höchstens zu Mittelmässigkeit führen. KI wird zwar viele Bereiche der Musikproduktion verändern und dass KI Melodien komponiert werden, welche als Hintergrund-Musik oder Game-Soundtracks verwendet werden, ist bereits heute Realität. 

KI und die Pädagogik

Und wird KI die pädagogische Arbeit verändern? Dass musikalische Interpretationen hochgeladen, durch KI analysiert und diese basierend darauf wertvolle Anregungen abgibt, scheint wohl in naher Zukunft real zu sein – denn nicht zuletzt beschäftigt sich auch die Forschungsabteilung der Kalaidos Musikhochschule intensiv mit dieser Entwicklung in Kooperation mit der ETH Zürich, dem Pianisten Ingolf Wunder und seiner Firma. Ob ein solches Tool den persönlichen Musikunterricht vollständig ersetzen wird, scheint sehr unwahrscheinlich.

Bei erfolgreicher Pädagogik geht es doch darum, mit den individuellen Fähigkeiten, Schwächen oder Gefühlen eine:r Schüler:in zu arbeiten, sodass ganz persönliche musikalische Aussagen und Visionen entstehen können. Ob KI diese typisch menschlichen Eigenschaften jemals imitieren kann?

So oder so – selbst Expert:innen können nur schwer einschätzen, zu was KI in der Lage sein wird. Aber Musik wird ohne Menschen wohl nie auskommen.

Das FMD sieht bei der Diversität viel Luft nach oben

In Basel feiert das FMD mit seinem Jahreskonzert die Diversität. Das Ensemble Le Donne Ideali hat für den Anlass markante Werke zeitgenössischer Komponistinnen aus vier Jahrzehnten ausgewählt.

Jahresversammlungen von Vereinen und Initiativen sind in der Regel ja eher trockenes, anstrengendes Pflichtprogramm. Nicht so allerdings beim FMD, ForumMusikDiversität Schweiz. Hier hat sich seit ein paar Jahren so etwas wie eine Tradition etabliert, dass die jährliche Mitgliederversammlung als Impuls genommen wird, dem Publikum Werke von Komponistinnen vorzustellen. «Weil wir Musikerinnen sind, möchten wir natürlich auch den kulturellen Austausch in der Praxis ermöglichen», erklärt die amtierende Präsidentin des FMD Anmari Mëtsa Yabi Wili, «es geht darum, dass mehr Musik von Frauen kennengelernt werden kann.» Das FMD, gegründet 1982 in Bern, ist eine Initiative von Kunstschaffenden und ihrem Umfeld, die sich beharrlich für weibliche Präsenz und mehr Vielfalt im Musikleben einsetzt.

Das aktuelle FMD-Konzert in Basel am 25. Juni mit Le Donne Ideali and Guest bietet eine grosse Bandbreite unterschiedlicher stilistischer Perspektiven und ästhetischer Konzepte. Unbändige Neugier, die Lust am Spielerischen und Experimentierfreude bestimmen sowieso seit jeher die vom FMD organisierten Konzerte. Im 41. Jahr des FMD haben die der Initiative eng verbundenen Musikerinnen Solostücke aus vier Jahrzehnten für Flöte, Cello, Harfe und Tasten ausgewählt, die ihnen besonders am Herzen liegen. So spielt Seraina Ramseier Musik für Soloflöte von zwei sehr unterschiedlichen künstlerischen Positionen: «Envol», ein Spätwerk der 2018 zu früh verstorbenen Caroline Charrière, einer der profiliertesten Komponistinnen der Schweiz, sowie von der aus Tel Aviv stammenden Komponistin Shulamit Ran das 1987 geschriebene Stück «East Wind», das Wendungen aus traditioneller Musik und Folklore ins Ausdrucksspektrum zeitgenössischer Musik transferiert. Neben dem kürzlich uraufgeführten Cellostück «Fält» der schwedisch-französischen Komponistin Madeleine Isaksson, das Karolina Öhman interpretiert, erklingt auch das Werk «Baroque Flamenco» der Kalifornierin Deborah Henson-Conant, das Julia Wacker, Harfenistin im Ensemble, einbringt. Ihr gefällt besonders, dass sich das Stück «unverkrampft an der Grenze von E- und U-Musik» bewege, so Wacker, «Henson-Conant, die auch im Jazz unterwegs ist, bedient sich hemmungslos bei Alter Musik und erfindet neue Techniken, die von der Flamencogitarrenpraxis kommen. Das hat eine unglaubliche Klangwirkung und ermöglicht gleichzeitig einen emotionalen Zugang.»

Anmari Mëtsa Yabi Wili, Gründerin der Donne Ideali, interpretiert das Stück «Public Privacy #5 Aria» für Sampler, Stimme und Video der deutsch-österreichischen Komponistin Brigitta Muntendorf. Diese wurde 1982 geboren, also genau im Jahr der Gründung des FMD. «Brigitta Muntendorf sprengt in ihren Werken permanent sehr kreativ Grenzen», schwärmt Wili. Solch ein intermedialer Ansatz bestimmt den gesamten Abend in Basel: «Mit dem Gedicht ‹Penelope, angefressen› der österreichischen Lyrikerin Elfriede Gerstl, das als audio-visuelle Intervention durch den Saal schwingen wird, öffnen wir das Konzertformat noch weiter», so Wili. Der Titel dieses Gedichts, eine wütende Penelope, ist Motto des gesamten Abends. Schliesslich gibt es in Sachen Gleichberechtigung noch viel Luft nach oben. Anmari Mëtsa Yabi Wili: «Im zeitgenössischen Bereich ist es weitgehend keine Frage mehr, ob Komponistinnen oder Komponisten gespielt werden, weder bei den jungen Musikschaffenden noch bei den Absolventinnen und Absolventen der Hochschulen. Da hat sich etwas Gutes entwickelt, allerdings nur im Bereich der zeitgenössischen Kammermusik. Wenn wir in die Oper oder ins Sinfonieorchester gehen, ist das Repertoire von Komponistinnen noch immer dünn gesät. Auch bei den Leitungsebenen, etwa an Musikhochschulen, ist es noch immer schwierig für Frauen. Und: Es gibt weltweit so viele Dirigentinnen, mir ist unbegreiflich, dass in der Schweiz noch ganze Jahresprogramme ohne Dirigentinnen zu finden sind. In dieser Hinsicht ist die Schweiz weit im Rückstand.» Am Ende des FMD-Konzerts werden sich alle Beteiligten zum erfrischenden Konzeptstück «Futures» von Chlöe Herington versammeln. Die Partitur dieses Werkes funktioniert wie Tarotkarten. Damit richtet sich der Blick der Musikerinnen mit vereinter starker Stimme kämpferisch in die Zukunft. Das gilt auch für das FMD: weitere Vernetzungen und interdisziplinäre Projekte stehen auf der Agenda.

Penelope, angefressen

Sonntag, 25. Juni 2023, 18:30 Uhr
Kasernenhof 8, 4058 Basel
+41 77 481 00 72
info@khaus.ch
info@musicdiversity.ch

musicdiversity.ch/post/penelope-angefressen

musicdiversity.ch 

Der Schweizerische Jugend-Jazz&Pop-Wettbewerb

Seit 2012 gibt es im Rahmen des Schweizerischen Jugendmusikwettbewerbs auch eine Schiene für Jazz&Pop. Verglichen mit den Anmeldungen im Klassik-Bereich führt der Jazz&Pop-Wettbewerb trotz mehrerer Präzisierungswellen ein Nischendasein.

Über die Gründe dafür und mögliche Massnahmen dagegen konnte ich mich mit Lukas Hering, dem Präsidenten der Fachkommission Jazz&Pop, unterhalten.

Jazz und Wettbewerb schliessen sich nicht grundsätzlich aus, ja, sie sind sich nicht einmal fremd. Die Jazzgeschichte weiss zu erzählen, dass der Cakewalk – ein Vorläufer des Jazz – seinen Namen Tanzwettbewerben zu verdanken hat. Und die legendären Zürcher Jazzfestivals haben in den 1950er Jahren mit ihrem Wettbewerb schweizweit eine ganze Generation von Jazzer*innen für den Jazz motiviert. 

Dass sich die Szenen von Jazz und Klassik unterscheiden, ist allerdings ebenfalls unbestritten. Dies berücksichtigt der Jugendmusikwettbewerb denn auch: In der Klassik heisst die Vorentscheidung Entrada und findet live im Singsaal statt, die Preselection, das Pendant dazu im Jazz, wurde bisher aufgrund von Videopräsentationen durchgeführt. Das Klassik-Finale ist in der Regel ein klassischer Auftritt in der Aula einer Musikhochschule, das Jazz-Finale ein Set in einem Jazzclub. 

Beiden Wettbewerbstypen ist eigen, dass es nicht um die Bepunktung und die Rangierung von Solovorträgen geht, sondern um die Unterstützung und Beratung von jungen Musiktalenten, unabhängig vom gewählten Stil. An Entrada, Preselection, Come Together und Finale erhalten die Vortragenden Feedbacks von kompetenten Vertreter*innen der Szene. Im Kontakt mit Kolleg*innen, die ähnliche Interessen haben, besteht die Möglichkeit Networking zu betreiben, und in einigen Fällen geht sogar durch eine Studioaufnahme oder einen Auftritt im professionellen Rahmen eine Türe zur professionellen Szene auf. 

Wichtig zu wissen ist, dass «Jazz&Pop» eine Art Platzhalter ist für alle Stile ausserhalb der Klassik oder wie es auf der Homepage formuliert ist: «Jazz, improvisierte Musik, Pop, Rock, HipHop, elektronische Musik etc.» Wobei Jazz und elektronische Musik weniger in der angesprochenen Altersgruppe der Zehn- bis Zwanzigjährigen verbreitet sein dürften, als Pop oder Rock.

Wie Lukas Hering versichert, ist man stilistisch weit offen und grundsätzlich neugierig auf originelle Projekte. Für Projekte, die den Rahmen sprengen, besteht darüber hinaus die Teilnahmemöglichkeit über den Kompositions- oder über den Free Space-Wettbewerb.

Während die Anmeldezahlen im Klassik-Wettbewerb seit Jahren auf hohem Niveau stabil sind, gäbe es im Jazz&Pop-Wettbewerb noch freie Kapazitäten. Aus diesem Grund wurde der Ablauf des Wettbewerbs bereits fünf Jahre nach der Einführung, 2017, evaluiert und präzisiert. Dies zeigte sich in den beiden Folgejahren in wachsenden Anmeldezahlen, die allerdings als Folge der Pandemie ab 2020 wieder stagnierten. 

Auf 2024 hin wird das Vorgehen nochmals überdacht. Angedacht sind in Jazz&Pop regionale Vorausscheidungen in der Form der Klassik-Entradas. Über die intensivierte  Zusammenarbeit mit verschiedenen Musikschulen soll die Verantwortlichkeit, aber auch die Sichtbarkeit des Wettbewerbs, noch weiter verbessert werden.

Ein Jazz&Pop-Musikwettbewerb im Zeitalter der inflationären Competitions, Talent- und Casting-Shows? Der Schweizerische Musikwettbewerb hat aus der jahrzehntelangen Erfahrung des Klassik-Wettbewerbs eine Jazz&Pop-Variante kreiert, die so nah an den Teilnehmenden und an der Szene ist, wie kaum ein anderer Wettbewerb. Es ist zu hoffen, dass dieses Tool auch bald von den jungen Musizierenden voll genutzt wird.

Die Anmeldetermine und -formalitäten sind zu finden auf
sjmw.ch.

OV Sarnen und musikalischer Nachwuchs bestreiten das DV-Auftaktkonzert

Schon bald wird der Orchesterverein Sarnen die Delegierten aus der ganzen Schweiz zur 103. DV des EOV begrüssen. Für das Eröffnungskonzert am 17. Juni setzt der OV auf Verstärkung durch das Jugendorchester und die jüngsten Streicher:innen in Obwalden.

Der gastgebende Orchesterverein Sarnen (OVS) und die Schüler:innen der Musikschulen Obwalden freuen sich sehr, die Delegierten am 17. Juni mit einem fröhlichen Matinee-Konzert zur 103. Delegiertenversammlung des EOV in Sarnen willkommen zu heissen. Das gemeinsame Musizieren der Kleinsten mit Jugendlichen und Erwachsenen im Hotel Krone wird wunderbar zu Ohren führen, welch bereicherndes und generationenübergreifendes Hobby das Orchesterspiel darstellen kann. Doris Estermann-Renzler, Leiterin des Jugendorchesters und der Kinder-Ensembles, und Luca Fiorini, Dirigent des OV Sarnens, werden den kurzen Auftritt gemeinsam gestalten und ebenfalls ihre Instrumente erklingen lassen.

Die jüngsten Auftretenden erlernen das Geigenspiel bei Estermann-Renzler nach der Suzuki-Methode, welche die Prinzipien des Muttersprachenerwerbs nutzt.  Die Grundpfeiler dieser Methode sind früher Beginn, Lernen nach Gehör, wöchentlicher Einzel- und Gruppenunterricht von Anfang an, sowie Unterstützung des Lernprozesses durch eine erwachsene Begleitperson. Diese Kinder sind teilweise erst vier bis fünf Jahre alt und haben mit dem Unterricht erst vor wenigen Monaten begonnen.

Orchesterkonzerte und Orchestermessen

Der Orchesterverein Sarnen ist hingegen schon etwas älter. Seine Wurzeln gehen auf das Jahr 1930 zurück. Damals war er Bestandteil der Musikgesellschaft Harmonie Sarnen, welche aus Kirchenchor, Orchester und Feldmusik bestand. 1939 entstand die erste Orchestergesellschaft. Durch den Kriegsausbruch zerschlug sich aber das Projekt. 1952 wurde Richard Voegeli als neuer Musikdirektor nach Sarnen gewählt. Er begann, systematisch das Orchester aufzubauen und führte alle Jahre gut vorbereitete Orchesterkonzerte durch. Auch wurde die Orchestergesellschaft bei Orchestermessen und für Kirchenkonzerte zugezogen. 1964 wurde durch die Festlegung von Statuten der heutige Orchesterverein gegründet. Nach dem Rücktritt von Richard Voegeli im Jahre 1980 übernahm Josef Gnos, welcher auch mehr als 20 Jahre erfolgreich die Feldmusik Sarnen dirigierte, den Orchesterverein und leitete ihn bis Ende 2006. Von 2007 bis 2008 stand dieser unter der Führung von Dominik Kiefer und seit 2009 steht Luca Fiorini am Dirigentenpult. 

Der Orchesterverein zählt 28 aktive Mitglieder im aktuellen Vereinsjahr 2023. Die jüngsten sind erst vor kurzer Zeit vom Jugendorchester zu uns gestossen, während einige der älteren Generation schon 60 Jahre oder länger im Verein mitwirken. Sogar Gründungsmitglieder sind noch mit dabei. Viele Viele Spieler:innen blieben dem OVS während Jahrzehnten treu. Ohne sie würde es den OVS in der heutigen Form nicht mehr geben.

Wir führen jedes Jahr zwei Konzerte auf; eines im Frühling oder Sommer und ein traditionelles Adventskonzert immer am 8. Dezember in der wunderschönen Kirche in Stalden. Die Konzerte sind meist hervorragend besucht und die grosszügigen Kollekten decken zumindest einen Teil unserer Ausgaben.

Seit 2009 mit Dirigent Luca Fiorini

Neben der Schwierigkeit, den Nachwuchs zu erreichen und bei uns zu integrieren, belasten den Verein vermehrt auch finanzielle Sorgen. Deshalb sind wir immer auf der Suche nach Sponsoren, Gönnern und Patronatsmitgliedern. Die Coronajahre haben dem OVS ebenfalls zugesetzt, und wir sind froh, dass wir diese schwierige Zeit gemeinsam gut meistern konnten.

Es ist dem Vorstand und allen Vereinsmitgliedern ein grosses Anliegen, dass unser Verein weiter besteht und wir mit unserer Musik die Menschen in der Region Obwalden begeistern dürfen. An vielen Konzerten durften wir schon junge Musiker:innen, mehrheitlich von der Musikschule Sarnen, als Solist:innen bei uns auftreten lassen. Wir begleiten auch weiterhin den Kirchenchor Harmonie Sarnen bei vier Orchestermessen pro Jahr und engagieren für unsere Konzerte Bläser:innen und andere Musiker:innen aus der Region.

Seit 2009 dürfen wir mit Luca Fiorini einen Vollblutmusiker unseren Dirigenten nennen. Er fordert und fördert uns mit seiner professionellen, humorvollen Art und treibt uns zu Höchstleistungen an. Wir sind ihm enorm dankbar für alle Zeit und Geduld, die er in den Orchesterverein investiert, und dass er auch immer die weite Anreise von Basel auf sich nimmt. Auch macht es uns immer grossen Spass, seine eigenen Kompositionen oder Orchesterbearbeitungen aufzuführen. 

Ebenfalls seit 2009 ist Jonathan Gaus unser geschätzter Konzertmeister. Als Profimusiker
unterrichtet er nicht nur an diversen Musikschulen, sondern spielt auch aktiv in vielen Formationen wie dem 21th Century Orchestra und den
LED Farmers mit. Seine ruhige und positive Art schätzen wir sehr.

Wir alle freuen uns enorm auf die Zusammenarbeit mit den jungen Musiker:innen an der DV des EOV und hoffen, dass wir alle Gäste mit unserer Musik ein wenig verzaubern dürfen.

 

Angelika Marugg
… ist Vorstandsmitglied und Geigerin beim Orchesterverein Sarnen.

Doris Estermann-Renzler
… ist Geigerin, Leiterin des Jugendorchesters des Kantons Obwaldens und unterrichtet nach der Suzuki-Methode.

Der Orchesterverein Sarnen und Schüler:innen der Musikschulen Obwalden werden die Delegierten am Sa, 17.06.2023 um 10.30 Uhr im Hotel Krone in Sarnen musikalisch zur 103. Delegiertenversammlung des EOV begrüssen.

www.orchesterverein-sarnen.ch

Baarer:innen wagen Barockbögen-Abenteuer

Das Baarer Kammerorchester hat für sein Vivaldi-Projekt für alle Mitglieder Barockbögen gemietet. Die Solistin und Geigerin Plamena Nikitassova unterrichtet die 30 Streicher:innen im barocken Spiel und lässt sie in historische Klangwelten eintauchen.

«Ihr müsst mehr Druck auf den Bogen geben», erklärt Plamena Nikitassova den rund 30 Streicher:innen des Baarer Kammerorchesters und lässt eine Passage wiederholen. «Das war schon besser. Aber es braucht noch mehr Druck. Es muss richtig kratzen.» Die Geigerin und Spezialistin für Alte Musik Nikitassova führt die Mitglieder des Baarer Kammerorchesters (BKO) an einem Samstagnachmittag im April im Pavillon Bahnmatt in Baar in die Klangwelt und die Bogentechnik des Barock ein. Das BKO probt die bekannten Vier Jahreszeiten von Antonio Vivaldi (1678—1741) für seine Frühlingskonzerte Mitte Mai.

Dieses berühmte Werk haben wohl viele Amateurmusiker:innen schon einmal gespielt. Aber anders als die meisten Amateurorchester spielen die Baarer nicht mit ihren normalen Bögen, sondern sie üben sich in historischer Aufführungspraxis, wie man es sonst von professionellen Ensembles kennt. Das Baarer Kammerorchester hat nämlich für die Dauer des Projektes von knapp vier Monaten für das ganze Ensemble Barockbögen gemietet. Und mit denen spielt es sich ganz anders als mit modernen Bögen.
Mehr Druck und präziser ausgeformte Töne

Kurzer, leichter Bogen, präziser ausgeformte Töne

«Man muss sich an das leichte Gewicht und an die Kürze des Barockbogens gewöhnen», erzählt Eva Schlumpf, Mitglied des Orchestervorstands und Geigerin im BKO. «Am Anfang ging mir immer der Bogen ‹aus›.» Für die Erzeugung und Änderung des Klanges müsse man viel mehr mit Gewicht als mit Bogengeschwindigkeit arbeiten. Das ist alles gar nicht so einfach, wie die eingangs zitierte Episode illustriert. Vieles muss neu und anders gelernt werden.

Die Probe mit Nikitassova, welche in Vivaldis Jahreszeiten den Solo-Geigenpart übernehmen wird, wirkt denn auch ein bisschen wie eine Geigenstunde für ein ganzes Orchester. Das ist so gewollt. Dirigent Manuel Oswald, Initiator des Projekts und selbst ausgebildeter Geiger, hat mit Nikitassova vereinbart, dass sie die Amateurspieler:innen in mehreren Proben in der barocken Technik unterrichtet. «Mit den Barockbögen lassen sich die einzelnen Töne viel präziser und detailreicher ausformen», sagt Oswald, der insgesamt vier EOV-Orchester leitet. Es eröffne sich eine neue Welt mit ungeahnten Möglichkeiten, die einem mit den heute gebräuchlichen Bögen verschlossen bleibe. Oswald will seine Streicher:innen in Baar diese zusätzliche Dimension erleben lassen. Gleichzeitig helfe das Training der differenzierten Artikulation auch beim «normalen» Geigenspielen, so dass die Orchestermitglieder über das Barockprojekt hinaus profitieren könnten.

Klanggegensätze Barock vs. modern im Konzert

30 Barockbögen zum Mieten aufzutreiben, sei nicht ganz einfach gewesen, sagt Eva Schlumpf. Auf Vermittlung des Ehemanns einer Cellistin, einem Geigenbauer, konnten die Baarer aber schliesslich für das ganze Orchester Bögen mieten. Die Miete betrage 15 Franken pro Monat pro Bogen. «Wir sind momentan daran, eine Stiftung zu finden, welche die Mietkosten von insgesamt rund 2000 Franken übernimmt», so Schlumpf. Nur wenn keine Finanzierung zustande käme, würden die Orchestermitglieder die Miete selbst bezahlen müssen.

Der finanzielle und zeitliche Mehraufwand zeigt Früchte. Schon am Probewochenende klingt Vivaldi anders — man ist fast versucht zu sagen, besser — als man ihn von Amateuren gespielt sonst kennt. Leicht. Intensiv. Dynamisch.

Man darf gespannt sein auf die Konzerte, denn nach dem Besuch der EOV-Redaktion bleibt dem BKO noch ein Monat Zeit zum Proben. Das Konzertprogramm «Lebenszeiten» ergänzt die barocke Musik mit Werken aus späteren EpoChen, welche mit modernen Bögen gespielt werden. Diese direkte Gegenüberstellung wird die Klanggegensätze auch für das Publikum erfahrbar machen.

Konzert «Lebenszeiten» des Baarer Kammerorchesters mit Werken von Vivaldi (mit Barockbögen gespielt), Rachmaninow, Elgar und des Danish String Quartet. Sa, 12. und So, 13.05.2023, jeweils um 19.30 Uhr, Kirche St. Thomas, Inwil bei Baar. Eintritt frei, Kollekte. www.baarerkammerorchester.ch

Work-Life-BaIance als Musikerin

In den letzten Jahren haben sich Arbeitsmodelle stark verändert, das Homeoffice mit seinen Vor- und Nachteilen hat sich in vielen Kontexten durchgesetzt, auch über Arbeitszeitverkürzungen und mehr bezahlte Zeit für Sorge-, Hausarbeit, Freizeit, kreative Tätigkeiten und soziales Engagement wird immer mehr diskutiert.

Die Kalaidos Musikhochschule fragt bei einer Mitarbeiterin nach, wie sie ihr Alltagsleben gestaltet und was sich ändern müsste, damit Berufs- und Privatleben leichter mitenander vereinbar sind.

Annette Kappeler, gerade bei Musikerinnen kommt ja die Freizeit oft zu kurz. Wie würdest du deine Zufriedenheit in Bezug auf deine Work-Life-Balance beschreiben?
Nicht ganz ideal: Als Musikerin bin ich am Wochenende oft beschäftigt, unter der Woche arbeite ich für die Kalaidos Musikhochschule und die Hochschule der Künste Bern, so dass mir manchmal kein freier Tag bleibt. Gleichzeitig habe ich das grosse Privileg, mir meine Zelt frei einteilen zu können.

Du hast vor fünf Monaten ein Kind bekommen, worüber wir uns ausserordentlich freuen! Wie verbindest du Alltagsleben mit Partner und Kind mit deinen beruflichen Aktivitäten?
Wir teilen uns Erwerbs-, Sorge- und Hausarbeit gleichberechtigt. Bei der Planung von unserem Wiedereinstieg unsere Arbeitgeberinnen sehr kooperativ und flexibel.

Wann verbringst du Zeit mit deinem Partner und deinem Kind?
Ich versuche mir zum Beispiel nach Konzertwochenenden, den Montag freizunehmen und geniesse die Zelt zu Hause dann sehr. Unter der Woche versuche ich, keine zu langen Arbeitstage zu haben, so dass ich ab 16h Zeit habe.

Mit welchen Formen von Kinderbetreuung hast du Erfahrung? Wie zufrieden bist du damit?
Unser Kind ist nun fünf Monate alt und geht zweieinhalb Tage in die Kita. Ausserdem haben wir Freund:innen, die gerne Zeit mit ihm verbringen. Mit beiden Formen der Betreuung sind wir sehr zufrieden, ich denke auch, dass sie Sich ideal ergänzen — bei einer Eins-zu-eins-Betreuung kann man uneingeschränkt auf ein Kind eingehen, In einer Gruppe von Kindern findet en enormer Lernprozess in Bezug auf soziales Verhalten statt.

Was müsste sich in der Schweiz in Bezug auf Elternschaft ändern, damit Berufsleben und Sorgearbeit besser miteinander vereinbar sind?
Da gäbe es viel zu tun Um nur einige Punkt zu nennen: Bezahlte Elternzeit von einigen Monaten, frei auf beide Eltern aufteilbar — oder am besten noch flexibler – frei aufteilbar auf die Personen, die sich intensiv um ein Kind kümmern wollen, also auch Grosseltern oder sonstige Bezugspersonen! Eltern- (oder eben Bezugspersonen-)Teilzeit, und bezahlbare Kinderbetreuung für alle!

Was würdest du in Bezug auf die Wochen-Arbeitszeit unternehmen?
Eine Verkürzung der Arbeitszeit wäre sicher wünschenswert — über vierzig Stunden in der Woche ist doch niemand kreativ und produktiv, die meisten Menschen sind auch öfter krank und unzufriedener, wenn sie so viel arbeiten. Wir sind in der privilegierten Situation, dass wir es uns eisten können, weniger als 100% zu arbeiten, aber das ist längst nicht für alle möglich. Im Endeffekt wäre wahrscheinlich ein Grundeinkommen die beste Variante, um allen einen guten Ausgleich von Freizeit, Arbeit für eine Gemeinschaft, Weiterbildung und Sorgearbeit zu ermöglichen.

Und was würdest du in Bezug auf die Arbeitssituation von Musiker:innen verbessern?
Für die Arbeit von Musiker:innen müsste es einen verbindlichen Mindestlohn geben, man müsste für jedes Engagement sozialversichert sein. Im Moment werden wir oft nicht bezahlt, wenn wir krank Sind, und viele Ensembles zahlen keine Pensionsversicherung für ihre Mitarbeiter:innen.
Die Kunst wird oft als teurer Luxus bezeichnet aber gleichzeitig haben Wir gerade während der erlebt, dass sie eine der ersten Dinge ist, die uns dann fehlen. Bel einem meiner ersten Konzerte nach den Lockdowns haben die Leute im Publikum geweint vor Freude, wieder ein Live-Konzert hören zu können und das in einem Land, wo man sonst nur im Kino und im Fussballstadion weint!
Ich denke, diese Art von Luxus sollte uns faire Löhne und Arbeitsbedingungen wert sein!

Rico Gubler – Musik, Recht und Europa an der KMHS

Seit dem 1. Februar 2023 leitet der Saxophonist, Komponist und Jurist sowie ehemalige Präsident der Musikhochschule Lübeck Rico Gubler die Musikabteilung der Hochschule der Künste Bern und ist ein neues Mitglied der Konferenz Musikhochschulen Schweiz (KMHS).

Rico Gubler in den Räumen der HKB-Musik. Foto: Annette Boutellier

Gespräch mit Rico Gubler, dem neuen Fachbereichsleiter Musik an der Hochschule der Künste Bern (HKB).

Rico Gubler, was sind nach drei Monaten Ihre Prioritäten als Leiter des Fachbereichs Musik an der HKB?
Es gibt grundsätzliche Prioritäten für die Leitung einer Musikhochschule. Wichtig ist eine ständige Pflege und Verbindung der beiden (scheinbaren) Pole zwischen hohem künstlerischem Anspruch —d.h. die Vertiefung m positiven Sinne des «Elfenbeinturms» — und der aktiven Öffnung in die eine Hochschule tragende Gesellschaft hinein, bis hin zur konkreten Gestaltung von gesellschaftlich spürbar relevanten Themen z.B. kulturpolitischer oder soziokultureller Prägung. Damt verwandt ist der stetige Diskurs über den Musikbegriff im Wandel und die daraus abgeleiteten strategischen, manchmal auch nur taktischen Schritten.

Drittens gilt es im modernen Musikhochschulwesen eine Diskurs-, Entscheidungs- und Kommunikationskultur zu pflegen, die sowohl musik-, als auch hochschulspezifisch sowie gesellschaftlich anschlussfähig ist. Konkret laufe ich aktuell durch die Hochschule, durch Bern und die Schweiz, um möglichst viele der inspirierenden und Viel ältigen Persönlichkeiten unserer Hochschule, unserer Partnerinstitutionen und Kooperationspartner kennenzulernen. In der Schweiz lernt man in der Primarschule «warte, uege, lose, laufe» —das habe ich auch im Ausland nicht verlernt, mit zwei kleinen aber wesentlichen Abweichungen: warten will ich nicht, und «lose» kommt vor «luege» .

Da Sie auch Jurist sind, inwiefern beeinflusst die Verbindung zwischen Musik und Recht Ihren Managementstil?
Erstens beeinflusst es meine Sicht «auf Kunst zu schauen» und zwar aufgrund meiner Schwerpunkte im Jurastudium, die Rechtskulturgeschichte und insbesondere die vielfältigen Interpretationsmethoden. Mein Umgang mit Text jeglicher Art, auch nicht schriftlichem fixiertem Text wurde dadurch meines Erachtens flexibler und gewann an Perspektiven und Horizont.

Die knapp zehn Jahre in Deutschland haben mich gelehrt, dass nicht nur meine juristische Ausbildung mitprägend ist, sondern ganz spezifisch der Umgang mit dem schweizerischen Recht. Ich habe gelernt, Gesetze und Regeln als geronnene gesellschaftliche Übereinkunft, als gemeinsame Geschichte zu verstehen, die im besten Falle zur Erreichung eines übergeordneten Ziels dienen, meistens aber zumindest hilfreich sind, um ein real relevantes Spannungsfeld zu bearbeiten und in Bewegung zu bringen. Wobei mir immer wichtig ist, dass eine klar gelebte Struktur wesentlich mehr bringt als eine Unzahl von möglichst genauen Detailregelungen, die im Normalfall nur die Grenzfälle und Ausnahmen vermehren.

Vor dem Hintergrund Ihrer Erfahrung als zuständiges Councilmitglied für die Pop and jazz Platform (PJP) der European Association of Conservatoires (AEC) und als ehemaliges Mitglied der Rektorenkonferenz der deutschen Musikhochschulen (RKM): Wie wichtig ist für Sie im Schweizer Kontext ein Gremium wie die KMHS?
Die AEC hat für mich mehrere Vorteile für die Schweiz. Die Musikhochschullandschaft in Europa ist enorm vielfältig und die spezifischen regionalen und nationalen Herausforderungen bewegen die Hochschulen zu sehr unterschiedlichen und durchaus Interessanten Lösungen, von denen wir mit etwas Transferkreativität profitieren könn(t)en. So sind gewisse Länder • m musikspezifischen Qualitätsmanagement sehr viel weiter, andere sind Treiberinnen zum Thema «Artistic Citizenship» und wiederum andere Hochschulen gehen frische Wege in den Bereichen Forschung oder Entrepreneurship. Gerade wir Föderalismus-erprobten Schweizerinnen und Schweizer sollten es gewohnt sein, genau hinzuschauen, was in anderen Strukturen ausprobiert Wird, um «das Gute» zu adaptieren und «das Sch echte» zu vermeiden.

Die KMHS ist sowohl Echoraum für die sorgfältige Arbeit der Hochschulleitungen in ihren Institutionen, wie auch der Ort, an dem wichtige Allianzen geschmiedet werden müssen, um übergeordnete Themen erfolgreich zu bearbeiten wie z.B. die Musikalisierung der Gesellschaft, die Entwicklung bzw. den Schutz des öffentlich-rechtlich finanzierten Hochschu systems und die Position der Musik in der schweizerischen Fachhochschullogik.

Was sind Ihrer Meinung nach die grössten Herausforderungen, denen sich die Schweizer Musikhochschulen in den nächsten Jahren stellen müssen?
Der Blick auf das Weltgeschehen, auf das kleine Länder oft sensibler oder zumindest schneller reagieren als grössere Nationen, lässt – norddeutsch gesagt — hohe See vermuten in den kommenden Jahren. Darauf blicke ich aber nicht nur mit Sorge, sondern auch mit grossem Interesse, weil die dominierenden Themen wie Ressourcenve knappung, Migration, die Kohäsionsfrage ‚m sozialen Bereich oder die erst noch kommenden Auswirkungen der Digitalisierung in der gesellschaftlichen Tiefe auch den Kunstbegriff sowie die öffentlich-rechtliche Finanzierungslogik bzw. das Förder- und Rezeptionsverständrms massiv beeinflussen werden und daraus Neues entstehen wird. Bereits das traditionelle Rollenverständnis von Komponierenden hat sich in wen ‚gen Jahren grundlegend verändert. Das ist hochinteressant, durchaus inspirierend und bietet auch Viele Chancen.

Raus aus der Traviata-Falle

Im Vorfeld der Podiumsdiskussion an der Universität Bern zu Inklusion im (Musik-)Theater der Schweiz haben wir uns mit Christoph Brunner unterhalten.

Christoph Brunner ist verantwortlich für Inklusion und Chancengleichheit beim Theater Orchester Biel Solothurn und der Hochschule der Künste Bern.

Christoph Brunner, warum braucht es Ihre Positionen in Institutionen der Bildung und Kultur?
Zum einen haben wir als Kulturhaus oder Hochschule eine gesellschaftliche Verantwortung zu tragen, um Teilhabe auf verschiedenen Ebenen der Gesellschaft zu ermöglichen und erweitern. Zweitens sind unsere Organisationen in vielen Aspekten überhaupt nicht divers aufgestellt. Die Studierenden an der Hochschule oder das Publikum beim Stadttheater sind kein repräsentatives Abbild der Gesellschaft. Um dies zu erreichen, müssen Barrieren abgebaut werden, und zwar nicht nur direkte, wie unzugängliche Gebäude, sondern auch die kulturellen Barrieren, die vielen Menschen das Gefühl vermitteln, an Veranstaltungen oder Kunstausbildungen nicht willkommen zu sein. Dazu benötigen wir eine grössere Beholfenheit im Umgang mit diesen Themen, die Herausbildung einer «artistic citizenship».

Mit welchen Formaten und Angeboten wird denn am TOBS experimentiert, um diesen Problemen zu begegnen und mehr Zugänglichkeit für alle zu schaffen?
Im Zentrum standen bisher Zugangshilfen wie Audiodeskription und Gebärdensprache. In den letzten zwei Jahren kamen Angebote in Einfacher Sprache und Relaxed Performances dazu. Diese sind meist kürzer, ohne vollständige Abdunklung und mit leicht offenen Türen. Damit ermöglichen sie auch Menschen einen Besuch, die beispielsweise empfindlich auf intensive Reize reagieren oder nicht überlange sitzen können. Es zeigte sich aber, dass diese Form ganz verschiedene Personengruppen anspricht, auch solche, die sich vielleicht nicht an eine dreistündige Opernaufführung trauen würden. Für sie kann ein kleines Kammerstück ein guter Einstieg in die Musiktheaterwelt sein.
Damit adressiert der Kulturbetrieb vor allem die Zugänglichkeit und weniger die Produktion als solche, die, wenn das Publikum nicht alle gewohnten Sinneskanäle wie Sehen oder Hören uneingeschränkt zur Verfügung hat, eine ganz andere sein könnte. Das wäre eigentlich eine interessante Frage: Wie könnte ein Musiktheater gedacht werden, das auf Ton oder Bild völlig verzichtet? Wie sieht ein Unisono im Ballett aus, wenn die Tänzerinnen nicht der körperlichen Norm der Opernhäuser-Ensembles entsprechen? Oder lässt sich eine Barockoper auch als Hip-Hop-Stück aufführen? Solches Hinterfragen von altbekannten Formen haben eine enorme soziale Sprengkraft. Sie passieren aber fast nie in den grossen Opern- oder Konzerthäusern, sondern allenfalls in der freien Szene.

Warum nicht?
Dafür gibt es meiner Meinung nach zwei Gründe, kombiniert nenne ich sie die «Traviata-Falle»: Einerseits sind da die standardisierten Erwartungen, durch die es schwierig ist, mit einem unkonventionellen Format 1000 Menschen ins Opernhaus zu locken. Um diesen standzuhalten, führt man lieber ein weiteres Mal La Traviata auf. Andererseits sind die Strukturen der Häuser ebenfalls standardisiert, mit viel Personal, das auf seine Anzahl Dienste kommen muss. Es ist diese Kombination aus standardisierten Erwartungen und standardisierten Strukturen, die formale und inhaltliche Innovation erschweren.

Bald führen wir eine Podiumsdiskussion zu diesen Themen durch. Sollten wir in Academia mehr über Inklusion im Musiktheater sprechen?
Ja, unbedingt! Ich wünsche mir von der Forschungscommunity dasselbe wie von den Veranstaltenden und Performenden: mehr Mut und Neugierde bei der Wahl der Themen und Arbeitsformen, so dass wir verstehen könnten, welche Rahmenbedingungen es für das Gelingen einer inklusiven Musiktheater-Praxis wirklich braucht.

Veranstaltungshinweis
Podiumsdiskussion über Inklusion im (Musik-)Theater im Rahmen der Veranstaltungsreihe MUSIKTHEATER – MACHT – GESELLSCHAFT, organisiert von der Professur für Musiktheater der Universität Bern, 17. Mai, 18:30 Uhr, Bibliothek Münstergasse, Bern. Mehr Informationen unter:    musik.unibe.ch/forschung/ musiktheater__macht__gesellschaft/index_ger.html

La musica antica nelle università musicali svizzere

Que ce soit en tant que branche principale, secondaire ou à travers des modules transversaux, la musique ancienne est largement pratiquée et enseignée dans l’espace helvétique d’enseignement musical tertiaire.

Alte Musik wird in der ganzen Schweiz praktiziert. (Anton Bruckner Universität)

Que ce soit en tant que branche principale, secondaire ou à travers des modules transversaux, la musique ancienne est largement pratiquée et enseignée dans l’espace helvétique d’enseignement musical tertiaire.

Tour d’horizon de l’offre très diverse en musique ancienne proposée par les hautes écoles de musique suisses.

Discipline principale 

Le premier nom qui vient à l’esprit lorsque le thème de la musique ancienne – pouvant être définie, au-delà des questions posées quant aux limites de la période et aux caractéristiques des œuvres musicales qu’elle englobe, comme la musique composée avant le XVIIe siècle en l’appréhendant dans un mouvement général de conception et d’interprétation historique-ment informées – est la Schola Cantorum de Bâle. Fondée par Paul Sacher en 1933, cette institution est rattachée depuis 2008 à la Haute École de Musique de Bâle aux côtés de l’institut classique et jazz et permet donc de choisir la musique ancienne en tant que branche principale.

À Genève aussi, un département entier est consacré à cette pratique musicale et permet aux étudiant-es de réaliser un Bachelor et/ou un Master dans cette matière. À l’instar de la Schola Cantorum, les disciplines principales enseignées sont le chant historique, le clavecin, le clavicorde, le forte-piano, le maestro al cem-balo, le luth, le violon baroque, le violoncelle baroque, la viole de gambe, la flûte à bec, le traverso, le hautbois baroque, le basson baroque, le cornet à bouquin, le sacqueboute et la musique médiévale. 

Ces deux centres de compétences en musique ancienne recèlent également des collections d’instruments et permettent aux étudiant-es inscrits dans d’autres formations de bénéficier transversalement du rayonne-ment de ces départements, notamment par le biais de modules d’ouverture ou de cours à option. 

Discipline secondaire 

Pour se former en Suisse au niveau de la discipline secondaire, la Zürcher Hochschule der Künste propose une Minor in early music. Intitulée Historical performance practice, celle-ci permet d’approfondir les principes fondamentaux de la musique ancienne sur des instruments historiques issus de la branche principale.
Des aspects tels que l’articulation, le phrasé et l’ornementation jouent un rôle tout aussi important que la différenciation stylistique par période et par région ainsi que le jeu d’ensemble. Cette Minor existe aussi sous forme spécialisée : Advanced historical performance practice.

Modules transversaux 

Enfin, toutes les hautes écoles de musiquedu pays présentent à différents degrés une approche interdisciplinaire de la musique ancienne dans leurs curriculums. Que ce soit sous forme de partenariat avec des musées (comme à la Hochschule der Künste Bern – Musik avec le Klingendes Museum ou à la Zürcher Hochschule der Künste avec le Museum für Gestaltung) ou par des modules d’ouverture, des passerelles et des cours à option (comme à la Haute École de Musique de Genève-Neuchâtel, à la Haute École de Musique Vaud – Valais – Fribourg, à la Hochschule für MusikBasel, à la Hochschule Luzern – Musik, à Kalaidos ou au Conservatorio della Svizerra Italiana).

Frühjahrsprogramm der Sektion Bern

Die SMG Sektion Bern bietet in diesem Frühling wieder ein spannendes und abwechslungsreiches Vortragsprogramm. 

Caroline Boissier-Butini, Portait von Firmin Massot (1766-1849), Genf um 1808. (Quelle: aus Privatbesitz)

Musik ist die universale Sprache der Gefühle. Dies ist ein weitverbreiteter Topos, der immer wieder neuen Auftrieb bekommt. Doch trifft das zu? Kann dies durch empirisch-analytische Forschungsmethoden belegt oder widerlegt werden? Melanie Wald-Fuhrmann ist Professorin und Direktorin der Abteilung Musik am Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik und forscht u.a. zu Musikästhetik, Musikgeschmack und verschiedenen Musikpraktiken. In ihrem Vortrag am 7. März zeigt sie die Ideengeschichte dieses Topos auf und präsentiert eine eigene musikhistorisch und ethnologische Studie in Bezug auf Musik und Gefühlsausdruck. 

1000 Jahre Gregorianik in Einsiedeln 

Das Kloster Einsiedeln ist seit Jahrhunderten ein Schauplatz von musikalischen Ereignissen, insbesondere der Gregorianik. Im 20. Jahrhundert erlebte diese langjährige Tradition mit Pater Roman Bannwart eine Blütezeit. Am 14. März referiert Stephan Klarer über die tausendjährige Geschichte dieser liturgischen Musik im Kloster Einsiedeln. Stephan Klarer ist Dozent für Gregorianik an der ZhdK und gewann den Marta Walter Preis 2022 für seine Arbeit zum gleichen Thema. Er zeigt anhand von Schätzen aus der Klosterbibliothek die musikalische Geschichte des Klosters Einsiedeln auf und bespricht Probleme der heutigen Aufführungspraxis. 

Musik, Politik, Patriotismus

Caiti Hauck, Marie-Skłodowska-Curie-Fellow am Institut für Musikwissenschaft der Universität Bern, gibt am 4. April Einblick in ihr Forschungsprojekt zum Chorleben der Städte Bern und Freiburg. Im 19. Jahrhundert waren Gesangsvereine ein wichtiger Ort des musikalischen Lebens in den Städten. Oft nahmen die Vereine an Sängerfesten teil oder organisierten Konzerte und unternahmen weitere Aktivitäten. Welche Rolle spielen Politik und Patriotismus in Gesangsvereinen und wie förderten sie das Zusammengehörigkeitsgefühl der Singenden? Dokumente wie Zeitungen, Vereinsberichte geben Auskunft darüber, wie sich die Gesellschaft in den Gesangsvereinen widerspiegelt. 

Caroline Boissier-Butini 

Wer kennt die Komponistin Caroline Boissier-Butini ? Geboren 1786 in Genf, genoss sie eine musikalische Ausbildung u a. bei Franz Liszt. Die Musikwissenschaftlerin Irène Minder-Jeanneret forscht zu dieser aussergewöhnlichen Schweizer Komponistin und stellt deren Konzertreisen, insbesondere den Aufenthalt 1811 in Bern vor. Im Anschluss an den Vortrag gibt es ein kleines Konzert mit Werken von Caroline Boissier Butini, gespielt von Emma Saskia Bähler und einem ad hoc Orchester. 

Die ersten drei Vorträge finden jeweils am Institut für Musikwissenchaft, Mittelstrasse 43 statt und werden auch per Zoom bereit gestellt.

Melanie Wald-Fuhrmann: Musik, die universale Sprache der Gefühle? 7. März, 18.30 Uhr

Stephan Klarer: 1000 Jahre Gregorianik in Einsiedeln, 14. März, 18.30 Uhr 

Caiti Hauck: Musik, Politik, Patriotismus: Gesangsvereine in den Städten Bern und Freiburg im langen 19. Jahrhundert, 4. April, 18.30 Uhr 

Irène Minder-Jeanneret: Caroline Boissier-Butini, die Schweizer Komponistin, die sechs Klavierkonzerte schrieb, 2. Mai, 18.30 Uhr, Salon der Grande Société (Theaterplatz) 

Berner Mittelalterzentrum in Kooperation mit der SMG: Aurelia Brandenburg: Ist es realistisch, den Papst zu essen? Das Mittelalter im digitalen Spiel». 2. März, 17.15 Uhr, Hörsaal 220, Hauptgebäude Universität Bern

Gehörschutz an Musikhochschulen

Musikerinnen und Musiker sind in ihrem Beruf sehr häufig potenziell schädigenden Schallpegeln ausgesetzt. Schutz wäre möglich. Doch ist Gehörschutz auch genügend in der Lehre verankert?

Wenn man Gehörschutz und Musik verbindet, denken wahrscheinlich viele spontan an die Rockband, die in ohrenbetäubender Lautstärke in einem kleinen Keller übt, oder an den DJ, der stundenlang bei hämmernden Bässen in einer Disco auflegt. In solchen Situationen ist Gehörschutz offensichtlich und wahrscheinlich für jeden und jede nachvollziehbar.

Aber Gehörschutz wäre, so zeigen verschiedenste Messungen, auch in Bereichen oder Situationen angezeigt, die weniger offensichtlich sind. 

Das Gehör ist ein äusserst sensibles Sinnes-Organ, mit welchem wir leiseste Geräusche oder Klänge wahrnehmen können – und genau deshalb ist es auch sehr filigran und verletzlich. 

Eine der zentralen Herausforderungen beim Gehörschutz ist wohl, dass sich eine Gehörschädigung nicht, wie z.B. bei einer Sehnenscheiden-Entzündung, durch Schmerzen angekündigt, sondern sich schleichend anbahnt. Wurde das Gehör über einen langen Zeitraum überlastet, ist es oft zu spät und ein irreversibler Gehörschaden die bittere Realität. 

Und genau aus diesem Grund sollten bereits angehende Berufsmusiker:innen für das Thema sensibilisiert und geschult werden. 

Sollten! Wie und ob Gehörschutz an Schweizer Musikhochschulen thematisiert und angewendet wird, hat die Kalaidos Musikhochschule in einer weiteren Umfrage erforscht. Das Ziel dieser Studie war es, die aktuelle Anwendung von Massnahmen zum Schutz des Gehörs unter Dozierenden von Schweizer Musikhochschulen numerisch zu erfassen, sowie die Gründe (kognitiv, sozial) für Anwendung oder Nichtanwendung zu eruieren.

Zusammengefasst zeigt die Studie, dass ein fundiertes Gehörschutzmanagement selten Teil des professionellen Musikstudiums ist. 

Von den insgesamt 111 Teilnehmenden haben lediglich 25 (23 Prozent) angegeben, einen Gehörschutz im Unterricht zu verwenden. Im Vergleich dazu setzen bei den Berufsorchestern rund 70 Prozent einen solchen ein (Chiller & Portner, 2020). Dieser Wert entspricht aber auch der Praxis an Musikschulen, wo nur 26 Prozent der Lehrpersonen Gehörschutzmassnahmen treffen (Hänni, 2021).

Die Studie zeigt auch, dass zwischen den verschiedenen Instrumenten grosse Unterschiede bezüglich Gehörschutzpraxis bestehen:
während Dozierende für Schlagzeug, Perkussion und Mallets über 80 Prozent einen Gehörschutz verwenden, sind es bei Holzblasinstrumenten und Ensembles, Orchester oder Bands jeweils rund ein Drittel; alle anderen trafen noch seltener gehörschützende Massnahmen. Erstaunlich ist, dass von den Dozierenden für laute Blasinstrumente mit einem dB(A) ab 90 (Klarinette, Saxophon, Trompete, Posaune, Horn) niemand das Gehör schützte. Auch wenn hier berücksichtigt werden muss, dass sich in dieser Gruppe nur wenige Dozierende an der Studie beteiligten, gibt dies doch einen Hinweis darauf, wie wenig verbreitet Gehörschutz bei diesen Instrumenten ist.

Das soziale Klima unter den Dozierenden bezüglich Gehörschutz war zwar gut, was sich in gegenseitigem Verständnis und wenig Hemmungen bei der Anwendung von Gehörschutz-massnahmen äusserte. Das Bewusstsein für die eigene Gefährdung war hingegen verzerrt und wer selbst eine ungünstige Risikoeinschätzung hatte, thematisierte Gehörschutz auch seltener mit den Studierenden.

Unterschätztes Risiko

Wie auch bei Berufsorchestern oder Amateurformationen analog festgestellt (siehe SMZ-Beitrag 3/2022), wird das tatsächliche Risiko auch hier in vielen Fällen subjektiv unterschätzt. 

Denn auch beim Unterrichten kann man sein Gehör einer erheblichen Belastung aussetzen:

In 61 Prozent der hier evaluierten Fälle unterrichteten die Befragten ein Instrument mit einem mittleren Schallpegel von mindestens 86 dB(A), was laut der Suva als potenziell gefährdend gilt.

Somit waren es also weniger soziale, als vielmehr kognitive Faktoren (also wie sehr man sich selbst subjektiv gefährdet fühlt), welche das Gehörschutzmanagement an Musikhochschulen bestimmte. So berichtet ein Grossteil der teilnehmenden Dozierenden, dass ihre Studierenden – obwohl Gehörschutz thematisiert wird – im Unterricht kaum oder nie Massnahmen zum Schutz ihres Gehörs ergreifen. Und dabei bestätigen Studien (Auchter & LePrell, 2014), dass ein früh gelernter Umgang mit Gehörschutz sinnvoll ist.

Es besteht also Handlungsbedarf. Und diesen hat die Konferenz der Musikhochschulen Schweiz (KMHS) bereits erkannt und deren Mitglieder überlegen sich, ob und wie Lehrkräfte sensibilisiert und das Thema verstärkt in den Musikunterricht integriert werden könnte. Und das ist gut so, denn schliesslich geht es doch darum, das Gehör – und damit das Kapital künftiger Musiker:innen – zu schützen.

Der ausführliche Schlussbericht finden Sie auch unter
kalaidos-fh.ch/de-CH/Forschung/Fachbereich-Musik/Schwerpunkt-Gehoerschutz

Literaturverzeichnis

Auchter, M., & Le Prell, C. G. (2014). Hearing Loss Prevention Education Using Adopt-a-Band: Changes in Self-Reported Earplug 

Use in Two High School Marching Bands. American Journal of Audiology, 23(2), 211-226.

Chiller, S., & Portner, S. (2020a). Gehörschutz in Amateurmusikgruppen: Schlussbericht. Kalaidos Fachhochschule Schweiz.

Hänni, S. (2021), Gehörschutz im Musikunterricht. Hochschule der Künste Bern.

13. Europäisches Jugendchor Festival Basel

Vom 17. – 21. Mai 2023 versammeln sich in Basel und der Region rund 2400 singbegeisterte Kinder und Jugendliche sowie über 30 000 Erwachsene. 

Das Europäische Jugendchor Festival Basel (EJCF) hat für seine dreizehnte Ausgabe hervorragende junge Chöre aus elf europäischen Ländern sowie einen Gastchor aus den Philippinen eingeladen. 

Über 30 hochstehende Chorkonzerte und ein dichtes Rahmenprogramm für Singfreudige jeden Alters lassen die Auffahrtstage zum grossen Fest der Begegnung und des Singens werden. 

Aus allen Himmelsrichtungen reisen sie an. Elf Jugendchöre aus Belgien, Finnland, Frankreich, Georgien, Irland, Israel, Lettland, Litauen, Polen, Serbien und der Ukraine, ein Gastchor aus den Philippinen sowie sieben Jugendchöre aus verschiedenen Schweizer Sprachregionen. Dabei sind auch die Chöre der Musik-Akademie Basel sowie die Knaben- und Mädchenkantorei Basel. Eine Einladung erhielt, wer nebst hervorragenden musikalischen Fähigkeiten auch Bühnenpräsenz und Ausstrahlung besitzt. Zu den rund 50 Veranstaltungen werden über 30 00 Besuchende erwartet.

Die Vereinspräsidentin Maya Graf freut sich schon heute: «Unvergessliche Chorkonzerte, gemeinsames Singen und wunderbare Begegnungen zwischen der Bevölkerung, den vielen Gast­familien, Freiwilligen und den jungen Chorsängerinnen und Sängern werden unsere Region wiederum verzaubern.»

Ein Feuerwerk der Chormusik 

Das EJCF eröffnet sein fünftägiges Programm am Mittwochabend vor Auffahrt zum ersten Mal mit einem «Fulminanten Chorspektakel» in der St. Jakobshalle. Über 1000 Jugendliche aus 13 Ländern präsentieren Musik aus ihren Herkunftsregionen und vertonen gemeinsam den Animationsfilm «Circuit» mit einer Neukomposition von Balz Aliesch, Filmmusikkomponist aus Basel. Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider und Vereinspräsidentin Ständerätin Maya Graf begrüssen das Publikum und die Jugendlichen aus ganz Europa. Die folgenden Tage sind mit Konzerten in Basel und der Region vollgepackt. Singfreudige kommen am Festival jedoch genauso auf ihre Kosten wie jene, die das Zuhören bevorzugen.

Auf dem Chorschiff gibt es neu die Möglichkeit, gemeinsam mit den Chören aus Israel, Belgien und der Schweiz zu singen. Kulturell Interessierte nützen die Gelegenheit, im Stadtcasino die Musikkulturen von Georgien, den Philippinen und Finnland aus erster Hand kennenzulernen. Neu bespielt wird auch das Foyer Public des Theaters Basel mit Sing mit!-Veranstaltungen für die ganze Familie. Am Samstagnachmittag treten über 1000 Jugendliche am «Singe uf dr Strooss» auf fünf Open-air-Bühnen in der Basler Innenstadt auf. Das Festival schliesst am Sonntag mit dem Schlusskonzert im Stadtcasino Basel. 

Neues Programm EJCF Atelier

Seit der Festivalgründung im Jahr 1992 steht neben der Musik die Begegnung im Zentrum des EJCF. Mit dem neuen Programm EJCF Atelier wird der Austausch unter den Jugendlichen aus verschiedenen Schweizer Sprachregionen gestärkt. 23 Chöre bilden sich unter der Leitung international bekannter Koryphäen zu Themen wie Choreografie, Body Percussion und Schweizer Volkslieder weiter. Die Ergebnisse ihrer Arbeit kommen am Samstagabend zur Aufführung. 220 Jugendliche erarbeiten zudem, unter Anwesenheit des bekannten lettischen Komponisten Eriks Ešenvalds, die Multimedia-Symphonie «Nordic Light» für Chor, Orchester und vorab aufgezeichnete Ton- und Videoprojektion und bringen das Werk im Stadtcasino zur Schweizer Erstaufführung. 

Kulturelle Grenzen überwinden

Rund 600 Chorsänger*innen sind diesmal in Gastfamilien in der Region Basel untergebracht. Neben Musikschulen, Kirchgemeinden und Gymnasien helfen neu auch engagierte Einzelpersonen und die Basler Organisation Centrepoint mit, die vielen Gastbetten für die Beherbergung zu finden. Festivalleiterin Kathrin Renggli sagt dazu: «Die Begegnung der Singenden untereinander und mit der Bevölkerung hilft, den Menschen hinter den Klischees zu entdecken. Dies ist gesellschaftspolitisch wieder besonders wichtig geworden.» Überhaupt pflegt das EJCF unzählige Kooperationen mit Institutionen und Organisationen jeder Art und arbeitet mit über 400 Freiwilligen zusammen. Diese betreuen Chöre oder Konzerte, verarbeiten altes Festivalmaterial zu neuen Souvenirartikeln oder werden im Kassendienst eingesetzt. 

Der Vorverkauf für das «Fulminante Chorspektakel» und das «Gala-Dinner mit Chorical» auf dem Chorschiff läuft bereits. 

Für alle anderen Konzerte startet der Vorverkauf am Samstag, 25. März 2023. Informationen sind ab sofort online auf www.ejcf.ch. zu finden. 

ejcf.ch

facebook.com/jugendchorfestival  

youtube.com/user/EJCFBasel 

instagram.com/ejcf_basel 

100 Jahre Orchester Binningen

Kann man als Amateurorchester 100 Jahre überleben? Das Orchester Binningen, ein Orchester aus der Agglomeration von Basel, hat es geschafft.

Das Orchester Binningen wird 100-jährig und zählt heute rund 25 Mitglieder. zvg

 

Als Laienverein über so viele Jahre zu bestehen, ist eine Herausforderung und erfordert vieles: einen ständigen Einsatz von Freiwilligen, das Zusammenstellen interessanter musikalischer Programme, die Suche nach Zuzüger:innen und Solist:innen sowie die Organisation von Proben und Vereinsanlässen. Aus den Reihen des Orchesters braucht es dafür viele Kompetenzen: Expert:innen für das Finanzwesen, EDV-Kenntnisse zum Erstellen einer Homepage und grafische Fertigkeiten für die Erstellung von Konzertprogrammen und -Postern.

Für interessante Konzertprojekte wie die Aufführung grosser Sinfonien sind zudem finanzielle Mittel nötig, um Zuzüger:innen und Solist:innen zu finanzieren. Um Sponsoren und Gönner zu gewinnen, braucht es wie bei allen Amateurorchestern immer wieder kreative Lösungen. All dies ist dem Orchester Binningen bisher gelungen. Dass es sogar gelang, während der Coronapandemie, die Musikvereine auf eine besondere Probe stellte, zwei grosse Konzerte zu geben, ist keine Selbstverständlichkeit.

Offen sein und mit Jungen kooperieren

Um über die Jahre und im grossen Meer an Musikvereinen für Mitglieder und Zuhörer:innen attraktiv zu bleiben, gilt es spezielle Akzente zu setzen. Unsere Spezialität ist seit Jahren die intensive Zusammenarbeit mit jungen Solist:innen im Alter von zehn bis 25 Jahren. Diese Kooperationen sind für beide Seiten von Nutzen: Die angehenden Profimusiker:innen erhalten die Gelegenheit, in ungezwungenem Rahmen solistisch aufzutreten. Das Orchester profitiert, weil es so populäre Konzerte bieten kann.

Das Orchester Binningen legt zudem grossen Wert darauf, nach aussen offen zu sein. So gab es in der Vergangenheit immer wieder Auftritte zusammen mit anderen Musikvereinen oder Chören aus der Region Basel, wie zum Beispiel 2015 die «Opernklänge im Leimental», ein gemeinsames Konzert mit einem Männerchor, welches ein grosser Erfolg war. Und es gab nicht nur regionale Projekte. Ein besonderes Highlight war ein gemeinsames Konzertprojekt mit dem Open Orchestra Arezzo aus Italien im Jahr 2019, bei dem Musiker:innen des Orchesters Binningen an einem Konzert in Arezzo teilnahmen und umgekehrt. Solche Projekte stärken insbesondere den sozialen Zusammenhalt. Dieser nimmt im Orchester Binningen einen wichtigen Raum ein und wird durch regelmässige Apéros und Vereinsessen gefördert.

Die Frage, wie das Orchester 100 Jahre überleben konnte, lässt sich aus heutiger Sicht nicht leicht beantworten, da diese Zeit viele Generationen umspannt. Schon die Gründung im Jahr 1923 war nur möglich, weil sich ein Dirigent freiwillig zur Verfügung stellte. In den Jahren 1930 bis 1950 herrschte eine Vorliebe für Operetten und Opernkonzerte, welche in Zusammenarbeit mit den ortsansässigen Chören organisiert wurden.

Leitung durch Geigerin Sarah Kunigk

Womit sich das Orchester bis zur Jahrtausend- wende beschäftigte und wie viele Dirigenten es seither durchlief, lässt sich nicht mehr rekonstru- ieren. Sicher ist, dass es in dieser Zeit immer wie- der Generationenwechsel gab. 1998 erhielt das Orchester anlässlich seines 75. Jubiläums den Kulturpreis der Gemeinde Binningen. Heute besteht das Orchester aus 24 jungen und älteren Amateurmusiker:innen und hat den Anspruch, jährlich ein bis zwei Konzerte zu veranstalten. Seit 10 Jahren hat Sarah Kunigk die musikalische Leitung inne, welche das Orchester als Profigeigerin mit viel Konzerterfahrung stetig weiterentwickelt.

Anlässlich des runden Jubiläums gibt das Orchester Binningen am 22. Oktober 2023 ein grosses Konzert und wirkt – ganz in seiner Tradition – mit an einem grossen Gemeinschaftsprojekt mit anderen Musikvereinen. Langfristig ist es das erklärte Ziel, mindestens weitere 100 Jahre zu bestehen, aller Widrigkeiten zum Trotz.

Interessierte Musiker:innen sind herzlich eingeladen, beim grossen Jubiläumskonzert am 22. Oktober mit romantischen Werken u.a. von Dvorak und Mendelssohn mitzuspielen. Voraussetzung dafür ist es, spätestens ab 1. Juni 2023 an den wöchentlichen Proben teilzunehmen. Kontakt und weitere Infos unter:

www.orchester-binningen.ch

 

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