Jazzerinnen ebnen den Weg für Jazzerinnen

Vernetzung ist das grosse Thema beim neu gegründeten Verein International Female Musicians Collective. Die sechzehnköpfige Frauenformation ging im Oktober erstmals auf Schweiz-Tournee.

Sarah Chaksad, Rahel Thierstein, Julie Fahrer, Fabienne Hoerni, Sandra Merk, Sonja Huber (v.l.) © IFMC

Jazz ist in der Schweiz eine Männerszene, mehr noch als Pop- und Rockmusik. Das zeigt sich nicht nur auf den einschlägigen Bühnen, sondern auch an den Hochschulen. Hier Gegenakzente zu setzen, hat sich der Verein International Female Musicians Collective zum Ziel gesetzt. Die sechs Gründungsmitglieder sind junge Profimusikerinnen aus der Schweiz, die zum Vorbild für kommende Generationen werden wollen. «Dass auch jüngere Frauen sehen: Ah, ich kann das auch», sei ihnen wichtig, betont Saxofonistin und Gründungsmitglied Fabienne Hoerni. Weniger exotisch möchten sie sich fühlen, «sondern einfach da sein.»

Empowerment und Vernetzung

Neben Empowerment als zentralem Thema geht es den Jazzerinnen aber vor allem um Vernetzung durch gemeinsame Konzerte: «Es gibt die Frauen schon – vielleicht nicht vornehmlich in der Schweiz.» So haben sich für die erste Tour mit insgesamt zehn Konzerten in der deutschsprachigen Schweiz in diesem Oktober Musikerinnen aus Dänemark, Deutschland, Frankreich und Norwegen dazugesellt.

Erstmals in einer reinen Frauengruppe zu spielen, sei eine besondere Erfahrung. «Nicht weil die Dynamik oder die Probenprozesse anders wären. Aber die Gesprächsthemen unterscheiden sich definitiv.» Gerade die Musikerinnen aus den skandinavischen Ländern brächten einen anderen Erfahrungsschatz mit, nicht zuletzt, weil ihr Umfeld weniger männlich geprägt sei. Ein weiterer Vorteil der internationalen Ausrichtung sei die grössere Auswahl an Musikerinnen gewesen. So konnten für die eigens für die Tournee entstandenen Kompositionen von Sarah Chaksad ideale Klangkombinationen gefunden werden.
 

Ungewohntes Bild

Ein Aha-Effekt stellt sich dann tatsächlich ein, als die 16 Musikerinnen die Bühne im Gewölbekeller des Solothurner Spitals am 17. Oktober bis auf den letzten Millimeter füllen: Ein ungewöhnliches Bild lassen die Frauen entstehen – von blutjung bis ergraut, von flippig bis konservativ. Und sie bieten Big-Band-Musik, die aufhorchen lässt: Gerade mit der spezifischen Klanglichkeit ihrer Stücke, geprägt von Vokalisen und Vibrafon-Schwebungen, lässt Sarah Chaksad eine atmosphärisch schwingende, liedhafte Traumwelt entstehen, in der es aber auch hart zur Sache gehen kann. Komplexe, jagende Rhythmen in den manchmal nur aus wenigen Intervallen bestehenden Themen, verzwickte Tempowechsel und Hingabe in den Soli vermischen Zeitgenössisches mit Anklängen an Bernstein, Maria Schneider und Smooth Jazz. Und der Idealismus, der das Projekt trägt, ist überall zu spüren: Im Umgang der Musikerinnen miteinander und in der Freude am gemeinsamen Musizieren. Er überträgt sich auf ein begeistert und lange applaudierendes Publikum. Junge Frauen fanden sich leider wenige darunter.

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