Sammlung Simmen als Schenkung
Die private Sammlung von Johnny Simmen, dem weltweit respektierten Jazzkenner, -publizisten und -vermittler, steht jetzt im Schweizer Jazzarchiv.
Johnny Simmen (1918–2004) baute seit seiner frühen Jugend eine einzigartige Sammlung von Büchern, Zeitschriften, Dokumenten, mehreren Tausend Tonträgern aller Art und unzähligen eigenen Publikationen und Vorträgen auf. Mehrheitlich Vinyl-LPs. Er zog es jedoch vor, den Jazz auf 78-Touren-Schellacks zu hören. Die Sammlungstätigkeit war für ihn nicht zentral, sondern das Kennen, Schätzen und Geniessen der swingenden Musik sowie die Bekanntschaften, ja die intensiven Freundschaften mit zahlreichen Musikern von Louis Armstrong bis Teddy Wilson. Zudem verbreitete er in Gesprächen, Vorträgen, auf Plattencovers, in Buchbeiträgen und Artikeln (Tausende von Publikationen in schweizerischen und internationalen Jazzmagazinen) die «Botschaft Jazz» mit einzigartigem Engagement und mit stets aktueller Sachkenntnis.
Diese unschätzbare Kollektion wurde von Simmens Tochter, Michèle Pfenninger-Simmen, als Schenkung dem SwissJazzOrama in Uster überreicht. Sie wird als separate, integrale Simmen-Collection erhalten bleiben und für die Forschung und die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Zu diesem Zweck erstellen Fachleute im SwissJazzOrama vorerst ein Inventar. Dieses wird anschliessend auf www.swissjazzorama.ch beziehungsweise www.jazzdaten.ch öffentlich zugänglich gemacht. Interessenten, die diese Aktivitäten unterstützen möchten, können sich beim Sekretariat in Uster melden: Tel. 044 940 19 82 oder per e-Mail: swiss@jazzorama.ch
- Foto: Nancy Miller Elliott, NY
Hans-Georg «Johnny» Simmen wurde am 7. April 1918 in Brugg AG geboren. Dort wuchs er wohlbehütet auf. Beide Eltern spielten Klavier. Es war fast selbstverständlich, dass Hans-Georg Klavierunterricht nahm. Die vielen Platten mit klassischer Musik im Hause kannte er fast auswendig. Dann, mit 11 Jahren, erlebte er seine Sternstunde: Am Radio hörte er zufällig Louis Armstrongs Alligator Blues mit den Hot Seven – und sein ganzes Interesse wurde schlagartig: Jazz! Dabei sollte es bleiben, bis zu seinem Hinschied am 23. September 2004. Wahrscheinlich nahm seine Begeisterung noch zu als er 1934 in der Zürcher Tonhalle Louis Armstrong live hörte. 1946 heiratete Johnny Liza Peretti, eine ebenso begeisterte Jazzkennerin aus Genf. Die Simmens pflegten über all die Jahre den Musikgenuss, ebenso die zahllosen Bekanntschaften und Freundschaften mit Jazzmusikern und Jazzfreunden.
Simmen war während 37 Jahren hochgeschätzter, vielseitig einsetzbarer Mitarbeiter bei Swissair. Seine fundierten Kenntnisse der Passagierbedürfnisse, der Reservationssysteme, der internationalen Reisevorschriften und vor allem sein diplomatisches Geschick und sein Talent Menschen zusammenzubringen machten ihn zum idealen Organisator und Trouble-Shooter. Unter anderem war er verantwortlich für sämtliche Reisen der Familie von Thomas Mann. Jazz-Stars wie Basie, Ellington, Goodman mit ihren Bands, Ella Fitzgerald, Buck Clayton, Bill Coleman, Stuff Smith, Rex Stewart oder Teddy Wilson schätzten nicht nur seine Dienste. Gerne liessen sie sich bei ihren Aufenthalten in Zürich auch von ihm interviewen oder privat willkommen heissen. Während Jahren produzierte er alle zwei Monate ein neues Jazzprogramm für die Swissair-Langstreckenflüge: zwei Stunden Musik mit kurzen, prägnanten Kommentaren. Stets war es ihm ein Anliegen, neben den üblichen Stars auch weniger bekannte grosse Talente zu präsentieren, wie etwa Doc Cheatham, Henri Chaix, Dave McKenna, Tab Smith, Maxine Sullivan, Al Casey, Ellis Larkins.
Johnny Simmen förderte den Jazz und die Musiker auch als Gründer und Hauptexponent verschiedener Jazz-Clubs in Zürich, wie Protokolle von 1935 belegen. Er war auch ein gefragter Referent bei ausländischen Clubs und begleitete das Zürcher Amateur-Jazzfestival als Jurymitglied während sieben Jahren.