Ungeliebt, aber überall dabei
Übersetzung Pia Schwab
Übersetzung Pia Schwab
Wenn wir Akkordeon hören, denken wir nicht nur an ein Instrument. Verschiedene, oft negativ besetzte Bedeutungen schwingen mit. So hat man ihm eine ganze Menge, meist wenig schmeichelhafter Übernamen verpasst: Maurer-, Schiffer- oder Arme-Leute-Klavier, um die Distanz zu einem richtigen Klavier deutlich zu machen, Heimatluftkompressor, um es in eine bestimmt «Musikecke» zu stellen, oder gar Quetschkommode. Es ist der Prügelknabe unter den Instrumenten.
Seltsam ist dann aber, dass dieses ungeliebte Akkordeon überall zu finden ist: in den schottischen Jigs, den Tänzen der rumänischen Fahrenden, dem argentinischen Tango, der französischen Musette und in einer ganzen Bandbreite von schweizerischer Volksmusik.
Das Akkordeon ist einfach zu transportieren und kam so mit Soldaten und Seeleuten rasch um die ganze Welt. Zudem kann es ein ganzes Orchester ersetzen. Vielleicht wurde es darum von anderen Musikern schief angeschaut: Im 19. Jahrhundert verloren viele Dorforchester durch das aufkommende Akkordeon ihre Arbeit. Es konnte eine Festgesellschaft ganz allein unterhalten, ganz ähnlich wie das heute ein DJ tut.
Vermutlich war es auch die Allgegenwärtigkeit, die schliesslich zur Ablehnung des Akkordeons führte. In meiner Kindheit war es ohne Frage zum Instrument geworden, das unsere Eltern hörten (ob sie nun Jodel- oder Jacques-Brel-Fans waren). Und wir Jungen mieden es aus Prinzip. Heute ist das zum Glück anders. Heute ist das Akkordeon wieder ins Zentrum des Interesses gerückt: in der neuen Volksmusik, aber auch in der Avantgarde.
Die «Handorgel» ist kein «Klavier zweiter Klasse», es ist ein unglaublich ausdrucksstarkes Instrument, das einen Ton unendlich lange aushalten kann und jederzeit dessen Intensität, Timbre und Vibrato kontrollieren kann. Und es ist ein vielfältiges Instrument, das je nach Gegend unterschiedliche Ausprägungen kennt. Willkommen also in der Welt des Akkordeons und des Schwyzerörgeli (von dem ich schon immer geträumt habe, es einmal bei Scrabble legen zu können).
Herzlich
Ihr
Jean-Damien Humair