Zwei Frauen und ihre Lieder
Die Sopranistin Katrin Frauchiger und die Pianistin Katharina Weber haben eigene Lieder mit Liedzyklen von Jürg Wyttenbach, Hanns Eisler und Alban Berg zusammengebracht.
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Zwei aussergewöhnliche Musikerinnen aus Bern haben mit der Interpretation von 35 Liedern aus einem Zeitraum von über 100 Jahren eine Kostbarkeit geschaffen: eine Produktion, die in der Programmgestaltung wie in der interpretatorischen Qualität aussergewöhnlich gelungen ist. Beide, die Sopranistin Katrin Frauchiger und die Pianistin Katharina Weber, sind nicht nur exzellente Interpretinnen, sondern auch gewiefte Komponistinnen, und es versteht sich von selbst, dass sie auch ihr eigenes Schaffen dokumentieren, kombiniert mit zwei Liedzyklen ihres Komponisten-Kollegen Jürg Wyttenbach und ausgewählten Liedern von Alban Berg und Hanns Eisler.
Katrin Frauchigers Lieder auf zwei Texte von Meret Oppenheim («Muse der Surrealisten»), Dort oben in jenem Garten und Am Anfang ist das Ende, eingeleitet durch einen Prolog für Klavier solo, sind von expressiver Schönheit, sowohl in der Singstimme wie im freitonalen Klaviersatz.
Trotz stilistischer Verwandtschaft eine ganz andere Sprache sprechen Katharina Webers Lieder aus Zwischenland auf Gedichte von Martin Merz: knappe, ausdrucksstarke Formulierungen, teils abgeleitet von der Rezitation der Texte durch den Dichter selbst, welche der Komponistin auf einer Aufnahme zugänglich war.
Die beiden Liedzyklen von Jürg Wyttenbach – 2014 für Frauchiger und Weber geschrieben – stehen dem Schaffen der beiden Komponistinnen stilistisch ebenfalls nahe. In den 8 Duettini nach Haiku-Gedichten des Japaners Issa (1763–1827) und von Kurt Marti (1921–2017) erweitert Wyttenbach die klanglichen Möglichkeiten: Die Pianistin singt gewisse Passagen im Duo mit und hat auch mal eine Saite des Flügels mit einem Bogen zu streichen. Von strenger Schlichtheit geprägt ist dagegen der Zyklus Drei kurze Gebete an die japanische Göttin der Barmherzigkeit Kannon Bosatsu. Dazu sagte Wyttenbach: «So einfach hatte ich nie geschrieben. Ich wollte einfach mal weg von der Chromatik und hatte beim Komponieren immer wieder diese japanischen Klänge im Ohr.»
Sehr schön finde ich die Kombination mit acht Liedern aus dem Hollywood Songbook (1942/43) von Hanns Eisler und den Sieben frühen Liedern (1905–1908) von Alban Berg. Da kommt Vergangenheit ins Spiel, was sowohl für Wyttenbach wie für Frauchiger und Weber wesentlich ist. Die Gegenwart spiegelt das Vergangene. Ein weiterer Pluspunkt dieser CD ist das Booklet mit dem ausgezeichneten Text von Doris Lanz.
Vom Sprengen des Gartens. Lieder von Jürg Wyttenbach, Katrin Frauchiger, Katharina Weber, Hanns Eisler and Alban Berg. Katrin Frauchiger, Sopran; Katharina Weber, Klavier. NEOS 11809