Bizarre Kämpfe
Zwei Werke von Jorge E. López legt das Collegium Novum Zürich unter der Leitung von Jonathan Stockhammer als Ersteinspielungen vor.
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In der Tat denkt man an Kämpfe, wenn man diese kraftvolle und oft rabiate Musik hört. Zwei grosse Werke bietet die bei Neos erschienene CD: das Ensemblestück mit eben jenem Titel Kampfhandlungen/Traumhandlungen op. 11 (1995/98) und eine Kammersymphonie «A végső Tavasz» op. 23 (2009/2011). Beide sind kaum auf einen Nenner zu bringen. Ein rituell-ernster Ton ist zwar stets präsent, doch Jorge E. López pflegt dabei ein ungeheuer flexibles Komponieren.
Die Kammersymphonie unterstreicht López‘ ästhetische Haltung: «Ich habe mich nie mit dem Begriff ‹Neue Musik› identifiziert. Eher trieb mich von Anfang an, dass es darum geht, das Uralte präsent zu machen. Ich suche nicht das Neue, sondern suche eher das Verdrängte.» Es kommt zu aberwitzigen Referenzen an Gustav Mahler, an Beethoven und an Gustav Holst. Mit manieristischer Artistik gelingt López ein bizarrer, ja fantastischer Wurf.
Das Collegium Novum Zürich unter der Leitung von Jonathan Stockhammer spielt sehr akkurat, mit viel Aufmerksamkeit fürs Detail, zugleich an entsprechenden Stellen kraftvoll. Die vom ungarischen Dichter Endre Ady stammenden Zeilen singt Leslie Leon in der Kammersymphonie expressiv, vermag aber auch zum ironisch distanzierten Ton zu wechseln. Eine furiose Aufnahmequalität des Schweizer Radios SRF und ein informativer, gut lesbarer Booklet-Text von Jens Schubbe runden den herausragenden Eindruck ab.
Jorge E. López: Kampfhandlungen/Traumhandlungen op. 11 / Zweite Kammersymphonie «A végső Tavasz» op. 23. Leslie Leon, Sopran; Collegium Novum Zürich; Jonathan Stockhammer, Leitung. Neos 11912