Lustvolles Durcheinanderwirbeln

Werke von Charles Ives bilden auf der ersten CD die Grundlage zu Another Songbook, auf der zweiten inspirieren sie Sebastian Gottschick zu fantasievollen Klangbildern.

Ensemble für Neue Musik Zürich. Foto: zVg

Das Ensemble für Neue Musik Zürich, gegründet 1985, zeichnet sich durch eine bemerkenswerte Konstanz aus. Im Innern des Sextetts vollzogen sich die Wandel langsam und unspektakulär. Gewisse Themen tauchten dabei immer wieder auf, und auch vielen Mitmusikern und Mitmusikerinnen blieb es treu verbunden. Die CDs erscheinen stets bei Werner Uehlinger, dessen neues Label ezz-thetics weiterhin die Grenzüberschreitung pflegt. Auf den beiden jüngsten CDs sind erneut die Sopranistin Jeannine Hirzel und der Bariton Niklaus Kost zu hören sowie als Komponist, Bearbeiter, Bratschist und Dirigent Sebastian Gottschick – auch dies eine glückliche Zusammenarbeit.

Einem ersten Songbook mit arrangierten Liedern von Charles Ives (hat now art 183) folgt nun Another Songbook: keine pietätvolle und pingelige Transkription aufs Ensemble, sondern ein lustvolles Programm, in das sich Sängerin und Sänger wie auch das Ensemble frech hineingeben und durcheinanderwirbeln, denn die Rollen sind nicht immer so klar zugeordnet. Aber Ives war kein Mann simpler Ordnungen, sondern liess die Dinge aufeinander los. Das spürt man hier vom ersten Ton an, den chorischen Massen von Majority. Auch die transzendentalistischen Aspekte von Ives, etwa in Thoreau, sind liebevoll herausgearbeitet. Im Übrigen hat er auch deutsche Texte vertont. Die Kritik, er habe sich bei Ich grolle nicht ungebührlich mit Schumann messen wollen, war ihm in seiner Druckausgabe eine Bemerkung wert – die natürlich auch auf der CD zitiert wird.

Von solch freiem Umgang mit Musikhistorischem hat Gottschick als Komponist gelernt. In seinen eigenen Stücken, denen die zweite Scheibe gewidmet ist, tauchen immer wieder Anklänge auf, auch Bezüge zu Komponisten wie Heitor Villa-Lobos (das Concertino mit dem Untertitel Bachianas Suisas) oder mit Choralfantasien zur protestantischen Kirchenmusik. Mit seiner Walt-Whitman-Vertonung Whispers Of Heavenly Death schlägt er auch den Bogen zurück zu Ives. Doch es wäre ungenügend, diese Musik nur als Metamusik zu hören und zu deuten. Dafür folgt sie viel zu eigensinnig den Rhythmen und Motiven, lässt sich wegtragen oder spielt damit. Auf gänzlich unromantisierende Weise entstehen luzide und auch einleuchtende Klangbilder, sehr vielfältig in der Art, fantasievoll im Ansatz, kernig in der Instrumentierung.

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Charles E. Ives (arr. S. Gottschick): Another Songbook. Jeannine Hirzel, Sopran; Niklaus Kost, Bariton; ensemble für neue musik zürich; Leitung Sebastian Gottschick, ezz-thetics 1008

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Sebastian Gottschick: Notturni. Jeannine Hirzel, Sopran; Niklaus Kost, Bariton; ensemble für neue musik zürich; Leitung Sebastian Gottschick, ezz-thetics 1009

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