Beethoven als Arrangeur seiner selbst

Über die Aufnahmen sämtlicher Klaviertrios hinaus bietet das Swiss Piano Trio Arrangements der 2. Sinfonie op. 36 und des Streichquintetts op. 4, die Beethoven vermutlich auch selbst verfasst hat.

Joël Marosi, Martin Lucas Staub, Angela Golubeva. Foto: Neda Navaee

Alle Klaviertrios Beethovens einzuspielen, ist nicht ein derartiges Mammut-Projekt wie die Gesamtschau auf seine Streichquartette oder Sonaten. Diese Besetzung ist aber gerade bei Beethoven für einige Überraschungen gut. Kommt dazu, dass der Klavierpart erstaunlich dominant und vom Generalbass emanzipiert geschrieben ist, hat sich Beethoven damit in adliger Gesellschaft doch gerne selber als Pianist präsentiert.

Sechs Jahre hat sich das in Winterthur beheimatete Schweizer Klaviertrio für seine integrale Einspielung Zeit gelassen. Alle fünf geplanten CDs waren rechtzeitig zum Jubiläumsjahr beim deutschen Label Audite erschienen, da überraschte das Ensemble mit dem Pianisten Martin Lucas Staub, der Geigerin Angela Golubeva und dem Cellisten Joël Marosi mit einer zusätzlichen CD.

Sie ist zwei unbekannten Klaviertrios gewidmet, die Beethoven mit grosser Wahrscheinlichkeit selbst arrangiert hat. Das Klaviertrio Es-Dur op. 63 beruht auf seinem Streichquintett op. 4. Und von seiner erfolgreich uraufgeführten Sinfonie Nr. 2 D-Dur hat Beethoven für den Hausgebrauch ebenfalls eine Fassung für Klaviertrio eingerichtet. Diese beiden Raritäten sind nun erstmals als Teil einer kompletten CD-Reihe dokumentiert.

Wie gut die drei Musikerinnen und Musiker Beethoven mittlerweile kennen, offenbart die Einspielung der Trio-Fassung der 2. Sinfonie besonders deutlich. Die Reduktion des grossen Orchesters auf drei Instrumente macht die strukturelle Originalität des Werks wie unter der Lupe ohrenfällig. Mit wunderbarer Ruhe spielt das Trio die karge Adagio-Statik im Unisono, um dann mit brillanter rhythmischer Homogenität und dramatischer Verve Beethovens Kontrastfreude auszuspielen.

Mit gutem dramaturgischem Gespür hat das Schweizer Klaviertrio die einzelnen CDs konzipiert, die Stücke sind nicht chronologisch aufgenommen, sondern geschickt inhaltlich aufeinander abgestimmt. Es offenbart sich in dieser gehobenen Unterhaltungsmusik eine Fülle an Ideen und überraschenden Wendungen, die das Ensemble detailreich auszukosten weiss. Es spielt die frühen Trios mit viel Esprit mozartisch schlank und transparent, es kann aber auch dramatisch zupacken und romantisch schwelgen. Die Spielfreude der drei Interpreten steckt an.

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Beethoven: Complete Works for Piano Trio, Vol. I–V. Swiss Piano Trio. audite 97.692–97.696, einzeln erhältlich.
Dazu Vol. VI, Bearbeitung Streichquintett op. 4 und 2. Sinfonie, audite 97.771

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