Kompositionen eines Kosmopoliten

Barocke Solosonaten für Altblockflöte in italienischem, französischem oder ganz freiem Stil von Carl Rosier.

Foto: Clam/pixelio.de

Carl, Charles, Natalis Carolus oder Noël Charles – die Namen und Namensvarianten deuten es an: Rosier(s) war wie die meisten Musiker jener Zeit Kosmopolit, was die spärlichen bekannten Details über sein Leben bezeugen. Geboren 1640 in Lüttich war er ab 1663 Violinist und später Vizekapellmeister im Dienste des Kölner Kurfürsten Max Heinrich in Bonn. Nach der Auflösung der Hofkapelle liess sich Rosier 1675 in Köln nieder, kehrte nach wenigen Jahren wieder nach Bonn zurück, um 1701 eine Festanstellung als Domkapellmeister in Köln anzunehmen, eine Aufgabe, die er bis zu seinem Tod 1725 ausübte. Drucke und Autografe, aber auch Konzerte mit seinem Collegium Musicum belegen ein Wirken auch in den Niederlanden.

Die acht Solosonaten für Altblockflöte und Basso continuo entstammen einem Konvolut von Werken unterschiedlicher Besetzung, die Charles Babell zusammengetragen hatte und in dem sich Sonaten, Suiten und Duette auch anderer Komponisten wie Finger, Paisible, Courteville oder Fiocco befinden.

Rosiers Sonaten setzen sich aus vier bis sieben Sätzen zusammen, in denen sich alle barocken Stile Europas jener Zeit vereinigen: Die motivische und harmonische Verwandtschaft und damit Zyklenbildung der einzelnen Sätze verweist auf das Vorbild der italienischen Sonata da camera. Einige Sonaten scheinen eher vom französischen Stil inspiriert und gebrauchen typische Suitensätze – darüber hinaus gibt es aber auch Beispiele völlig freier Formen. Interessanterweise gibt es zudem einige Bezüge zu Henry Purcells Semi-Opera The Fairy Queen. So erscheinen drei von Purcells Arien praktisch unverändert als Sätze in Rosiers Sonaten g- und c-Moll wieder.

Die vorliegende Ausgabe ist in zwei Bänden mit je vier Sonaten angelegt. Es gibt jeweils eine einzelne Flöten- und Bassstimme, eine Partitur mit beiden Stimmen und eine mit ausgesetztem Generalbass. Fast zeitgleich mit dem Erscheinen der deutschen Ausgabe hat David Lasocki in den USA eine elektronische Stimmen- und Partiturfassung herausgegeben, die ebenfalls auf der Babell-Abschrift basiert: www.instantharmony.net

Image

Carl Rosier, Acht Solosonaten für Altblockflöte und Basso continuo, hg. von Anne Kräft mit einer Generalbassaussetzung von Thorsten Mann, Erstausgabe; Band 1 (1–4), EW 855; Band 2 (5–8), EW 884; je € 21.50, Edition Walhall, Magdeburg 2012

Das könnte Sie auch interessieren