Schöpferin gegen alle Widerstände

In ihrer Suite für Violine und Klavier verarbeitete Mel Bonis ländliche Impressionen. Ihr gesamtes, umfangreiches Werk lohnt eine Wiederentdeckung.

Mel Bonis porträtiert von Charles-Auguste Corbineau / wikimedia commons

Mélanie Bonis’ Klavierimprovisationen empfanden ihre kleinbürgerlichen Pariser Eltern als Plage, doch – gefördert von César Franck – durfte sie das Conservatoire Supérieur besuchen, musste ihre erfolgreichen Studien aber vor dem Ende abbrechen, weil eine Liebschaft zu dem Mitstudenten Amédée Hettich den Eltern nicht genehm war. In eine Ehe mit dem 25 Jahre älteren reichen Witwer Albert Domange mit fünf Söhnen gesteckt, dem sie weitere vier Kinder schenkte, blieb ihr wenig Zeit für die Musik. Trotzdem konnte sie unter dem Pseudonym Mel Bonis (komponierende Frauen wurden damals nicht ernst genommen; einige Editionen musste sie selber finanzieren) bei Leduc und Eschig einige Werke veröffentlichen. Hettich förderte sie gegen die Jahrhundertwende wieder zu intensivem, sogar preisgekröntem Musikschaffen (sie wurde sogar Sekretärin der Société des Compositeurs). Eine gemeinsame Tochter konnte sie bis 1914 geheim halten. Im ersten Weltkrieg engagierte sie sich für Waisenkinder und Kriegsgefangene. Trotz Depressionen komponierte sie unermüdlich bis zu ihrem Lebensende. Ihre 300 Werke für Klavier, Orgel, Kammerensemble, Gesang, Orchester können sich am Format von Fauré und Chausson messen, aber fielen zu Unrecht dem Vergessen zum Opfer.

Für die dreisätzige Suite von 1926, deren Manuskript im Familienarchiv aufgefunden wurde, liess sich die Komponistin von ihrem Leben auf dem Land inspirieren: I Jour de fête überrascht mit prickelnden, synkopierten Auftaktmotiven, in denen sich die beiden Instrumente folgen. Ein gesanglicheres Intermezzo wird beendet von einem Galopp. II Sous la ramée ist eine ausgedehnte Träumerei, souverän zwischen den Tonarten schwebend. III Cortège champêtre kehrt zum C-Dur von I zurück mit vielen fantasievollen Modulationen, an einen leichtfüssigen Umzug von Majoretten erinnernd. Musikalisch anspruchsvoll schenkt diese Suite den Interpretinnen und Interpreten viel Freude.

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Mel Bonis, Suite pour violon et piano op. 114, hg. von Eberhard Mayer und Ingrid Mayer, Erstveröffentlichung, fue 4390, € 22.00, Furore-Edition, Kassel 2012

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