Pianistische Farbenpracht

Der Henle-Verlag schliesst Albéniz’ Klavierzyklus «Iberia» mit dem «Vierten Heft» ab.

Rathaus von Málaga, Andalusien. Foto: Olaf Tausch / wikimedia commons

Vieles, was der spanische Komponist Isaac Albéniz in seinem relativ kurzen Leben für das Klavier geschrieben hat, gehört in den Bereich gepflegter Salonmusik. Dies gilt natürlich nicht für sein Meisterwerk, die Suite Iberia, die während seiner letzten Lebensjahre in Paris und Nizza entstand.

In dieser Huldigung an sein Heimatland, das er nicht mehr sehen sollte, entfacht Albéniz – nicht zuletzt unter dem Einfluss seiner französischen Komponistenkollegen – eine pianistische Farbenpracht, die in der Klavierliteratur ihresgleichen sucht. Wobei anzumerken ist, dass umgekehrt Iberia auch auf manchen französischen Meister abgefärbt hat: auf Debussy, etwa in seiner Sérénade interrompue, oder auch auf Messiaen, der die Suite zu den grossartigsten Klavierwerken überhaupt zählte.

Mit dem Vierten Heft hat der Henle-Verlag nun auch den letzten Teil der Suite veröffentlicht, und zwar auf mustergültige Art. In den drei abschliessenden Stücken, Malaga,Jerez und Eritaña, zieht Albéniz nochmals alle Register, die für Iberia so typisch sind: fein stilisierte spanische Tanzrhythmen, eine schillernde Harmonik, lange Orgelpunkte und eine bis in die Extreme differenzierte Dynamik. Entsprechend komplex gestaltet sich das Notenbild. Doch dem Herausgeber Norbert Gertsch gelingt es nicht nur, die zahlreichen Druckfehler und Irrtümer zu tilgen, die in den älteren Ausgaben herumgeistern, sondern auch, den mit vielen Anmerkungen des Komponisten übersäten Notentext in erstaunlich schlanker und übersichtlicher Weise zu präsentieren. Das gilt selbst für das Schlussstück Eritaña (Ein Wirtshaus bei Sevilla), das mit seinen halsbrecherischen Sprüngen und unablässigen Stimmkreuzungen für jeden Pianisten eine Tour de Force darstellt.

Debussy hat gerade dieses Stück besonders geliebt: «Jamais une musique n’atteint des impressions aussi différenciées et aussi colorées et les yeux se ferment comme s’ils étaient aveuglés par ces images toutes trop éclatantes.»

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Isaac Albéniz, Iberia, Viertes Heft, Urtext hg. von Norbert Gertsch, HN 650, € 20.00, G. Henle, München 2013

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