Einmal ausladend, einmal knapper

Diese Ausgabe bietet die berühmte Klaviersonate Nr. 2 von Sergej Rachmaninow in beiden vom Komponisten erstellten Ausgaben.

Rachmaninow-Denkmal in Tambow. Foto: Stadtverwaltung Tambow/Russland, wikimedia commons

Rachmaninows 2. Klaviersonate op. 36 gehört heute zu den am häufigsten gespielten Werken des russischen Komponisten. Gerade die junge Generation und vor allem auch jene aus Fernost studiert das anspruchsvolle, hochvirtuose Stück mit Leidenschaft und Hingabe.

Das war nicht immer so. Vor allem im deutschsprachigen Kulturraum hatte diese Sonate in der Vergangenheit gegen einen schlechten Leumund zu kämpfen. In seinem Handbuch der Klavierliteratur stellte Klaus Wolters seinerzeit lapidar fest, dass Opus 36 allgemein fast nur negative Kritiken erhalten habe. Und in einer späteren Auflage (1977) erwähnt er sie schon gar nicht mehr. Walter Georgii stört sich an den «einförmigen Motivwiederholungen». Das umfangreiche Werk sei deshalb «im Ganzen wenig erfreulich» (Klaviermusik, Atlantis Verlag).

Rachmaninow selber war mit der ursprünglichen Konzeption seiner 2. Sonate von 1913 offenbar auch nicht zufrieden und unterzog sie 18 Jahre später einer gründlichen Revision. Er gestaltete den Klaviersatz etwas transparenter und strich insgesamt rund 120 Takte. Das sind immerhin mehr als 10 Seiten Musik!

Ob er dadurch das Werk zu seinem Vorteil verändert hat, wird immer wieder diskutiert. Vladimir Horowitz löste das Problem auf seine Weise und erstellte mit Rachmaninows Einwilligung eine eigene Mischfassung aus beiden Versionen.

Dominik Rahmer hat nun im Henle-Verlag beide Fassungen des Komponisten in einem Band veröffentlicht, und man kann somit bequem Takt für Takt die Unterschiede studieren. Das Notenbild ist – wie üblich bei Henle – selbst in der überladenen Erstfassung übersichtlich und gut lesbar. Die Fingersätze verraten den gewieften Praktiker und stammen von Marc-André Hamelin, der ja nicht nur dieses Repertoire bestens kennt.

Man mag zu Rachmaninows Opus 36 stehen, wie man will. Ähnlich wie im genialen 3. Klavierkonzert kann man auch hier die konsequente motivische Arbeit des Komponisten bewundern. Alle Formteile sind aus ganz wenigen musikalischen Bausteinen entwickelt und kunstvoll-logisch miteinander verknüpft. Einmal in einem etwas enger geschnittenen Kleid (Version von 1931), ein andermal in einer etwas ausufernden, aber vielleicht sinnlicheren Fassung (1913).

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Sergej Rachmaninow: Klaviersonate Nr. 2 b-Moll op. 36, Fassungen 1913 und 1931, hg. von Dominik Rahmer, HN 1256, € 19.50, G. Henle, München

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