Vincent d’Indys erste Sinfonie

Endlich ist dieses bemerkenswerte Werk gedruckt verfügbar, das die Eindrücke einer Italienreise verarbeitet.

Vincent d’Indy zwischen 1900 und 1910. Postkarte. Unbekannter Fotograf / wikimedia commons

Es gibt Musikverlage, die angesichts des Medienwechsels über die anhaltende Mühsal des Geschäfts klagen. Und es gibt Musikverlage, die einfach Neues und Überraschendes publizieren. Zu ihnen gehören die in Lyon beheimateten Editions Symétrie, ein Verlag, der sich mit seinem anspruchsvollen Programm vor allem auf die französische Musik und Musikgeschichte ausgerichtet hat – und wohl aus diesem Grund im deutschsprachigen Raum kaum bekannt ist. Der Blick in den Katalog aber lohnt sich, denn hier finden sich nicht Petitessen, sondern zahlreiche (Erst-)Ausgaben von Werken grossen Formats, wie auch Vincent d’Indys erster Beitrag zum sinfonischen Repertoire. Vollständig am 14. April 2005 (!) in Eriwan (Armenien) uraufgeführt und bereits zweimal eingespielt (2007 und 2010), wird die Partitur des Werks nun endlich greifbar.

Mit jugendlichem Feuer schreibend, reflektiert d’Indy (1851–1931) in der 1870/72 entstandenen Komposition eine eigene Italienreise, erkennbar schon an den Satzüberschriften: Rom, Florenz, Venedig und Neapel. Zwar gefiel das stark an Mendelssohn erinnernde Scherzo bei einer Aufführung in den Concerts Pasdeloup, doch hatte d’Indy sich bald stilistisch weiterentwickelt und sah von einer Drucklegung des Werkes ab, das heute eine schöne Erweiterung des Repertoires darstellen könnte. Vor allem der langsame Satz mit seinen vielfach geteilten Streichern wird seine Wirkung nicht verfehlen.

Allerdings hätte die vorliegende Edition mehr Aufmerksamkeit durch ein versiertes Lektorat verdient: Dies betrifft die Einteilung der Seiten, die vielfach wechselnden Akkoladen (etwa S. 32 ff.) oder die grosszügig ausgelegten Stichregeln. Auch fehlen Informationen über die verwendete(n) Quelle(n), Lesarten und womöglich vorgenommene Angleichungen. Ferner besteht die Ausgabe nicht aus einem gebundenen Band, sondern aus einem Konvolut von drei A4-Heften. Die Zeiten sind vorbei, als eine solche Ausgabe allein für Philologen und Sammler von Interesse war.

Image

Vincent d’Indy: Symphonie no. 1 en la mineur «italienne», Partitur, € 70.00, Éditions Symétrie, Lyon, ISMN 979-0-2318-0233-7

Das könnte Sie auch interessieren