Duofunde aus dem 19. Jahrhundert
Sowohl die Stücke in der Violinschule von Louis Spohr als auch die Duette von Ignaz Pleyel waren beliebte Anfängerliteratur im 19. Jahrhundert. Neuausgaben belegen ihre Beliebtheit bis heute.
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Louis Spohr (1784–1859) war der berühmteste deutsche Geiger, Komponist, Dirigent und Pädagoge seiner Zeit. Seine Violinschule (1832), die Méthode de violon des Franzosen Baillot (zusammen mit Rode und Kreutzer, 1793) und diejenige des Belgiers Bériot (1858) waren damals die herausragenden Pädagogikwerke. Weil Spohr beim Unterrichten die Schüler immer mit seiner Geige begleitete, sind alle Übungsstücke seiner Schule als Duos gestaltet – die erste Stimme für den Schüler, die Schülerin, die zweite Stimme für die Lehrerin, den Lehrer –, harmonisch sehr anregend, Spohr wollte ja auch musikalische Werte vermitteln.
Kolja Lessing hat nun eine Auswahl davon in zwei Heften bei Breitkopf und Härtel neu herausgegeben. Heft 1: Die zwölf ersten Duos, zuerst auf leeren Saiten, dann in der ersten Lage, sind alle in C-Dur mit ganzen und halben Noten, oft noch gebunden; ich frage mich, ob diese schwierige Tonart und die langen Bogenstriche geeignet sind für Anfänger. Das zweite Dutzend von Lessings Auswahl geht von weiteren vier in C-Dur, allerdings mit mehr rhythmischer Bewegung, weiter zu Stücken in verschiedenen Dur- und Molltonarten, die sich wirklich lohnen. Heft 2 ist ein Feuerwerk von zwölf Duos, die sehr viele technische und musikalische Aspekte abdecken: zwei Stücke in der 2. Lage in C- und As-Dur, eines in der 3. Lage in Cis-dur, ein rasches Zickzack, eine Kantilene, drei Stücke vierstimmig zu zweit, Arpeggio, Polacca mit Staccato volante und als Schlussbouquet ein Thema mit elf Variationen, nah an Paganini – gewiss nicht nur wertvoll zum Studium, sondern auch zum Vortragen.
Die Hefte sind so eingerichtet, dass man für die dreiseitigen Duette nicht blättern muss. Ausführliche Texte von Spohr (Autografe mit Transkriptionen), Herausgeber Kolja Lessing und Karl Traugott Goldbach, dem Direktor des Spohrmuseums in Kassel, geben interessante Hinweise.
Ganz neu sind die beliebten Anfänger-Duette von Ignaz Pleyel wohlfeil herausgekommen bei Henle. Das Heft enthält die Urtext-Partitur und zwei Stimmen mit Bogenstrichen und Fingersätzen. Etliche sind unnötig, hilfreich dagegen einige gute Anregungen für freiwillige Ausflüge in die 2. und 3. Lage. Der fleissige und erfolgreiche Komponist, Verlagsleiter und Klavierbauer Pleyel wurde 1809 genötigt, leichte Duette in aufsteigendem Schwierigkeitsgrad herauszugeben. Das erste Duett ist nicht das einfachste, gerade weil es mit lange gehaltenen Noten beginnt und im für Geigenanfänger nicht leichten C-Dur steht. Es sind leichtfüssige zwei- bis dreisätzige Sonaten, die oft in die parallele Dur- bzw. Molltonart wechseln. Sie sind auch geeignet als Blattleseübungen, für die es sich empfiehlt, aus der Partitur zu spielen.
Louis Spohr: 36 Duos für 2 Violinen aus der Violinschule, hg. von Kolja Lessing; Heft 1, 24 leichte Duos, EB 8976, € 21.90; Heft 2, 12 virtuose Duos, EB 8977, € 24.90; Breitkopf & Härtel, Wiesbaden
Ignaz Pleyel: Sechs kleine Duos op. 8 für zwei Violinen, hg. von Norbert Gertsch, HN 1378, € 16.00, G. Henle, München