Wie durch Zufall
Kit Powell gibt in dieser Werkmonografie Auskunft über seine kompositorische Arbeit.
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Mit Quite by Chance/Wie durch Zufall legt der 1937 in Neuseeland geborene und seit 1984 in der Schweiz lebende Komponist Kit Powell eine Art Summa seines Schaffens und der ihn inspirierenden und bewegenden Themen vor. Mit seiner dokumentarischen Akribie und Fülle an teilweise auch sehr persönlichen Einblicken kann das Buch einerseits als hintergründige künstlerische Biographie gelesen werden. Manches dürfte dem Schweizer Publikum dazu wenig bekannt sein, etwa Powells Pionierleistungen als Schulmusiker in Christchurch, Neuseeland, oder die prägende Zusammenarbeit mit dem 1937 geborenen neuseeländischen Dichter und Psychologen Michael Harlow.
Kern des durchgehend zweisprachig (englisch/deutsch) gehaltenen Buches sind aber die mit wunderschönen Notenbeispielen versehenen Werkbeschreibungen, die uns ein Œuvre vor Augen führen, dessen Umfang, konzeptionelle wie gattungs- und besetzungsmässige Vielfalt beeindrucken. Gruppiert sind die Werke innerhalb von elf Kapiteln, die bestimmten für die besprochenen Kompositionen besonders wichtigen Aspekten gewidmet sind: Gattungen, Instrumentarium, Kompositionstechnik, aussermusikalische Einflüsse, Texte und ihre Autoren u.a. Die Werkeinführungen werden reich ergänzt durch Fotos, Pressetexte und Zeugnisse von Ausführenden und anderen Weggefährten, wodurch immer auch eine Aussenperspektive präsent ist.
Mit beeindruckender, erfrischender Offenheit legt Powell in seinen Werkbetrachtungen technische, ästhetische und philosophische Grundlagen und aussermusikalische Bezüge seines Schaffens dar. Dadurch können seine Darlegungen mitunter subjektiv und bis zu einem gewissen Grad hermetisch anmuten. Man mag auch mit der einen oder anderen Betrachtung nicht ganz übereinstimmen, wenn z. B. ein musikhistorischer Bezug in recht vergröbernder Weise hergestellt wird, doch wird man dies dem Autor nicht vorhalten, denn er führt ja keine historische Diskussion, sondern legt dar, was seine eigene Arbeit geprägt hat. Es ist vielmehr die grosse Qualität des Buches, ungewöhnlich tiefen und quasi unverstellten Einblick in das Denken eines zeitgenössischen Komponisten zu gewähren. Shon alleine als Ideensammlung und Illustration eines komplexen Verhältnisses musikalischer und aussermusikalischer Ideen und der vielgestaltigen Vermittlung zwischen beiden ist das Buch höchst lesenswert und in seiner Art einzigartig.
Kit Powell, Quite by Chance/Wie durch Zufall, hg. von Roger Boltshauser, 169 S., € 30.00, Pfau-Verlag, Saarbrücken 2014, ISBN 978-3-89727-505-8