Ralf Weikert über seinen Beruf

Der langjährige Chefdirigent des Zürcher Opernhauses spricht über den Alltag seiner faszinierenden Tätigkeit.

Foto: zVg von rbartists.at

Der Buchtitel Beruf Dirigent ist unspektakulär. Und genau so gibt sich der Autor mit seiner Sprache: direkt, klar, verständlich und hart am Thema, deshalb mit vielen Details, die für den Konzertgänger erhellend sind, denn bei vielen Pausengesprächen kann man erfahren, wie vage die Kenntnisse über das Geschehen «hinter den Kulissen» und über die Bedingungen des Konzertbetriebs oft sind. Ralf Weikert, 1940 in St. Florian (Österreich) geboren, der die Ausbildung in Linz und Wien (bei Hans Swarovsky) absolvierte und mit achtundzwanzig Chefdirigent in der damaligen deutschen Hauptstadt Bonn wurde, war während beinah zehn Jahren (1983–92) auch Chef am Opernhaus Zürich und ist seit Langem in der Schweiz wohnhaft. Er spricht ganz bewusst von Beruf, nicht von Berufung – und er meint natürlich auch Dirigentinnen, wie er schon im Vorwort betont – welche Wohltat, dass auf die mühsamen Doppelnennungen verzichtet wird!

Weikert stellt das Handwerk in den Mittelpunkt und damit das Alltägliche dieser anspruchsvollen und faszinierenden Tätigkeit. Er denkt bei seinen Ausführungen vor allem an angehende Dirigenten und Musiker und legt dar, dass vieles davon erlernbar ist und ein überzeugendes Repertoire an Werken nur mit lebenslanger intensiver Arbeit spielbereit gehalten werden kann; er zeigt aber auch, dass gewisse Vorbedingungen erfüllt sein müssen, um den Anforderungen genügen zu können.

In klarer Gliederung geht er dann auf die einzelnen Problembereiche ein, zuerst in der Musik selber und dem dazu gehörigen Notenmaterial – mit eingefügten Partiturseiten wird dies auch anschaulich dokumentiert –, anschliessend widmet er sich dem Musikbetrieb, der Akustik in verschiedenen Räumen und der Orchesteraufstellung; weiter unterscheidet er deutlich die Situation des Opern- oder Konzertdirigenten. Er verfügt in beiden Bereichen über umfangreiche Erfahrungen, denn er hat an der Met in New York dirigiert, in San Francisco, in Korea, in Japan und in vielen namhaften Opernhäusern und Konzertsälen Europas. Auch das aktuelle Problem der Dominanz der Opernregie über die Musik führt er an, bringt zahlreiche, meist negative Beispiele, verliert aber nie die Contenance und subsumiert sie unter «Unwägbarkeiten». Einige knapp, aber hübsch formulierte Erinnerungen an unerwartete Ereignisse und Begegnungen gehören auch dazu, wenn er vom schönsten Beruf spricht, den er sich denken kann. Das «feu sacré» könne allerdings nicht erlernt werden.

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Ralf Weikert: Beruf Dirigent, mit Disco-/Videografie, Personenverzeichnis, 189 S., geb., € 19.99, Böhlau, Wien u. a. 2017, ISBN 978-3-205-20530-2

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