Ein Tag bei Pro Helvetia

Die Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia fördert das zeitgenössische Kunst- und Kulturschaffen aus der Schweiz im In- und Ausland. Dieser Beitrag gibt einen Einblick in die vielfältigen Aufgaben der Musikabteilung.

Der Arbeitstag bei Pro Helvetia beginnt für viele der rund 70 Mitarbeitenden der Geschäftsstelle in Zürich im Zug. Nicht wenige pendeln von Basel, Bern, Fribourg, Lausanne oder Genf. Das garantiert einen spannenden Austausch mit Personen aus allen Landesregionen, was für eine nationale Stiftung von grossem Vorteil ist. Auf der Zugfahrt checken wir E-Mails, schauen Schlussberichte oder Gesuchsunterlagen an, schrauben an Konzeptpapieren und planen Sitzungen. Ein Büro auf Rädern. In Zürich angekommen wird häufig als erstes der Drucker bemüht: Die Beschlussbriefe, Schlussberichte und andere Unterlagen müssen ausgedruckt und weiterverarbeitet werden. 

Das erste Meeting des Tages gilt einem Gespräch mit einem Schweizer Musikfestival: das neue Programm wird vorgestellt, Förderkriterien werden erläutert. Bei der Festivalförderung achten wir – wie bei allen anderen Förderangeboten – auf die überregionale Ausstrahlung: ist das Festival bereits etabliert? Hat es sich in der Szene einen Namen gemacht? Werden Acts aus einer anderen Sprachregion programmiert? Wird es von Stadt und Kanton unterstützt und erfüllt somit das Subsidiaritätsprinzip? Ist das Festival eine wichtige Plattform für die Schweizer Szene? Die Gesprächsnotizen dienen später bei der Beurteilung des Gesuches. 

Nachhaltiges Touring

Anschliessend wird eine neue Eingabe angeschaut: es geht um die Tournee einer etablierten Schweizer Band in China. Bevor wir uns dazu einen abschliessenden Entscheid erlauben, werden die Kolleg:innen der Aussenstelle konsultiert. Sie sind nahe an der chinesischen Szene dran und können beurteilen, ob die Veranstaltungsorte ausreichend etabliert und das Gagenniveau sowie die Beteiligung an den Produktionskosten dem lokalen Kontext angemessen sind. Ausserdem achten wir auf eine nachhaltige Tourneeplanung – das gilt besonders bei so weiten Reisen. Neben Konzerten können auch Aktivitäten wie Workshops, Netzwerktreffen oder Recherche stattfinden. Pro Helvetia unterhält sechs Aussenstellen in verschiedenen Weltregionen. Der Austausch mit diesen Kolleginnen und Kollegen ist immer besonders spannend. 

Beim nächsten Gesuch geht es um eine kleine lokale Konzertreihe eines jungen Streichquartetts, das noch nicht ausreichend etabliert ist. Die beteiligten Komponistinnen und Komponisten sind bisher zwar in ihrer eigenen Stadt gespielt worden, jedoch reicht das leider noch nicht für eine Unterstützung von Pro Helvetia.

Internationale Netzwerk-Arbeit

Am Nachmittag steht eine interne Sitzung zur Planung eines Netzwerkanlasses bei einem Schweizer Festival an: Welche internationalen Kuratorinnen und Kuratoren wollen wir einladen? An welchem Festivaltag lässt sich möglichst viel Schweizer Programm erleben? Welche Musikschaffenden aus der Schweiz laden wir zusätzlich zum Netzwerk-Apéro ein? Der Schritt ins Ausland ist für Musikschaffende aus der kleinen Schweiz enorm wichtig. Hier haben wir einen besonderen Auftrag. Da auch ausländische Veranstalterinnen und Veranstalter wie Festivals und Clubs sich bei uns um Förderung bewerben können, pflegen wir viele Kontakte und gestalten so den Export der Musik aus der Schweiz entscheidend mit. 

Nach der Sitzung geht es weiter mit einer E-Mail unserer Abteilung «Globale Kontakte und Initiativen». Eine bolivianische Kuratorin möchte für vier Wochen die hiesige Elektro-Musik-Szene kennenlernen. Sie hat ein breites Netzwerk in Südamerika und veranstaltet jährlich ein Festival für Clubmusik, inklusive Workshops und Masterclasses. Das ist ganz im Sinne des Kulturaustausches und eine grossartige Plattform. Dieser Researchtrip scheint uns absolut unterstützenswert und mit Hilfe eines Coaches wird sie die Zeit bestmöglich nutzen können. Wir werden dafür sorgen, dass sie neue Kontakte zu DJs, Producern, Labels und Veranstaltenden knüpfen kann.

Vor Feierabend wird noch die Termineinladung für die nächste Retraite bestätigt: unser Ziel ist es, bisher unterrepräsentierte Musikszenen stärker anzusprechen. Neue Fördermassnahmen bedeuten auch viel Diskussionsbedarf! 2024 setzen wir zwei neue Förderangebote um: Push-it richtet sich an Nachwuchsmusikerinnen und -musiker und ihre Labels und Feat. an die Hip-Hop- und Elektro-Szene.

Höchste Zeit, wieder in den Zug zu steigen, denn am Abend steht ein Konzert auf dem Programm: die neue Produktion einer Musiktheater-Compagnie, welche demnächst an einem Festival im Ausland gezeigt wird. Wir haben die Kreation sowie die Tournee unterstützt und sind deshalb besonders gespannt, das Stück nun zu sehen.

Facts & Figures

Wer wird gefördert: Musikschaffende mit Schweizer Pass oder festem Wohnsitz in der Schweiz, die überregional etabliert sind und eigenes Repertoire kreieren sowie Veranstaltende im In- und Ausland

Was wird gefördert: u.a. neue Produktionen, internationale Präsenz (Tourneen, Festivalauftritte), Albumproduktionen mit Release-Tournee, Festivals mit nationalem Renommee

Was sind die wichtigsten Kriterien: Überregionalität, Subsidiarität, angemessene Gagen, innovatives Programm

Tipps für die Gesuchseingabe

• Auf der Website Förderkriterien prüfen und Gesuch online einreichen.

• Online-Maske mit kurzen Texten befüllen, Wiederholungen der Dossier-Texte vermeiden.

• Ein detailliertes Budget sowie ein realistischer Finanzierungsplan sind essenziell.

• Prüfen, ob ein Förderangebot der Abteilung Musik ausgewählt wurde. 

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